erste kritische Stellungnahme

Auf die Zeitungsberichte und Erklärungen G. reagierte der Sekten- und Weltanschauungsbeauftragte des Bistums Dresden-Meißen mit folgender Stellungnahme:

 


9.10.98

„Universale Kirche" - Peter G. (Kreissparkasse Bautzen)

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe Ihre Artikel zu dem o. g. Thema verfolgt und komme durch eine Dienstreise erst heute dazu, auf diese Dinge einzugehen. Durch einige Aussagen in diesen Artikeln bzw. Artikeln anderer Zeitungen und bei der Pressekonferenz fühle ich mich aber zu einer Stellungnahme verpflichtet.

Mit Interesse habe ich in der Stellungnahme von Herrn G. vom 3.10.98 zur Kenntnis genommen, dass er zum einen antisemitische Äußerungen von Peter W. Leach-Lewis eingesteht und sich von diesen distanziert. In seiner schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem ZDF, die in der Sendung auszugsweise zitiert wurde, meinte er noch, dass die Vorgehensweise der Medien „auf Lügen und Klatsch (basiert), welche von einer Zeitung nach der anderen aufgegriffen wurden, und es gibt keine wahrheitsgetreue Grundlage für die Gerüchte". Auch Peter W. Leach-Lewis selber war bisher immer der Meinung, dass seine Äußerungen keineswegs antisemitisch seien. Deshalb ist es sehr beachtlich, wenn ein führendes Mitglied dieser Organisation dem Gründer und Leiter widerspricht und sich von Teilen seiner Aussagen distanziert. Dies nötigt mir Respekt ab.

Andererseits erscheint mir aber diese Distanzierung etwas halbherzig. Zum einen bezieht Herr G. die Aussagen allein auf Peter W. Leach-Lewis. Ein Teil der kritisierten Aussagen stellen aber - nach Glaubensauffassung der „Universalen Kirche" - Kundgaben von sogenannten „aufgestiegenen Meistern" dar, die sich angeblich medial über Peter W. Leach-Lewis äußern. Diese Meister hätten sich in einer „geistigen Welt" zusammengeschlossen und sollen durch ihre Botschaften die Menschheit zur Vervollkommnung leiten. Ein wichtiges Werkzeug dabei seien die Mitglieder der „Universalen Kirche". Eine solche Botschaft eines himmlischen Meisters hat natürlich innerhalb der „Universalen Kirche" einen absoluten Anspruch, was sich auch in der jährlichen Verpflichtungserklärung niederschlägt, wo es heißt: „... bekräftige ich erneut mein vorbehaltloses Vertrauen zu den Meistern der Weisheit und ihren Lehren und ich gelobe unerschütterlichen Gehorsam gegenüber ihren Wünschen in allen Angelegenheiten, die mit meiner fortschreitenden geistigen Entwicklung verbunden sind.".

So gab z. B. der „geheime Avatar" (Spezieller Geschenkbrief vom 1.7.95) durch: „[Zum Beispiel] sagte im Juni 1995 ein bekannter polnischer Priester: ‘...Wegen ihrer satanischen Gier zettelten die Juden den 2. Weltkrieg, genauso wie sie für den Beginn des Kommunismus verantwortlich waren.’ Es ist vollkommen wahr. Dieser gesegnete Kirchenmann sprach die absolute (Hervorhebung im Original) Wahrheit!..."

Oder einem „Erzengel Melchisedek" (= Jesus) wird folgende Aussage in den Mund gelegt (Offenbarung vom 9.9.91, 9.00 Uhr, veröffentlicht in „Zu diesem Zweck - Göttliche Unterweisung des Aufgestiegenen Meisters Jesus, des Christus, monatlich veröffentlicht für alle Mitglieder Seiner Universalen Kirche auf der ganzen Welt" September 1995): „Jerusalem ist jedoch ein Pfuhl des Christentums. Es wird von den Juden dazu benutzt, die Christen zu überlisten, damit sie ihnen bei ihren schmutzigen Geschäften helfen. Doch nicht länger! Und ich sage heute: Nie wieder werden wir es zulassen, dass die Juden, besonders die Zionisten, die Menschen der Welt benutzen, damit sie Macht gegen ihre Brüder und Schwestern erlangen. ... Dieses Land, das gegenwärtig ‘Israel’ genannt wird, ist ein Krebsgeschwür im Körper von Mutter Erde, ... Es ist der Sitz des Anti-Christen. ... Ja, es ist wichtig, dass ihr die Protokolle Zions veröffentlicht. Sie sind echt; sie sind wahr! ..." Bei diesen Protokollen (auch Protokolle der Weisen vom Zion) handelt es sich um eine antisemitische Fälschung des damaligen russisch-zaristischen Geheimdienstes zu Anfang unseres Jahrhunderts, die eine Weltverschwörung der Juden postuliert.

Ein anderer „aufgestiegener Meister", Lord Morya gab „auf mediale Weise" kund (The Royal York Hotel, Toronto, Kanada, am 24.7.1993, 10.25 Uhr, veröffentlicht in „Das innere Licht - Eine fortlaufende, wöchentlich erscheinende Folge exklusiver und zeitgemäßer, nirgends sonst erhältlicher Höherer Geistiger Lehren als ein Mittel direkten Kontaktes zwischen der Großen Weißen Bruderschaft und Ihren Schülern auf der ganzen Welt", Band XIII, Nr. 24, 4.8.1993): „Ja doch, es wird Zeit, dass ihr erkennt, dass ihr nicht jüdisch seid und dass die Juden ein Krebs im Körper der Menschheit sind, und dass die Christen ihr Mandat nicht erfüllen oder ihre Verpflichtung Dem Großen Herrn gegenüber nicht einhalten." Hier müsste man sich wohl die Frage stellen, was man wohl normalerweise mit einem Krebsgeschwür macht.

In diesem Zusammenhang wäre schon interessant, ob sich Herr G. als Priester der „Universalen Kirche" auch von diesen Äußerungen der „Aufgestiegenen Meister" distanziert, die - zumindest soweit ich die „Universale Kirche" verstehe - für die Anhänger doch absolut verbindliche Lehraussage sind. Von daher kann ich auch Herrn G.s Feststellung nicht nachvollziehen, dass diese Aussagen „nicht Lehrinhalt der Kirche" sind. Denn gerade durch die Kundgaben „aufgestiegener Meister" meinen ja die Anhänger der „Universalen Kirche" zu größerer Vollkommenheit geführt zu werden. Deshalb stehen diese Kundgaben auch im Zentrum der Lehre.

Auch der Darstellung der umstrittenen Äußerungen als „privat" muss ich widersprechen. Sie wurden in Briefen an die Mitglieder verschickt und dienen z. T. der Lehrunterweisung der Anhänger/innen. Das Schweizer Bundesgericht hat in einem Urteil im Januar 1998 festgestellt, dass der dort verhandelte Brief allein von der Schweizer Zentrale aus an über 400 Adressaten verschickt wurde und man angesichts dieses großen Adressatenkreises nicht mehr von einer Privatsphäre sprechen kann.

Wegen der Vielzahl der antisemitischen Aussagen, die entweder von der zentralen Gestalt Peter W. Leach-Lewis stammen, der als „Orakel" alles überragenden Zentralperson in der Universalen Kirche, oder die als Aussagen „aufgestiegener Meister" deklariert werden, die sich durch Peter W. Leach-Lewis melden, kann man meines Erachtens einen antisemitischen Charakter dieser Organisation nicht ausdrücklich verneinen. So urteilt das Oberlandesgericht Stuttgart (AZ 4 U 63/98; 2.9.1998): „Entgegen der Auffassung des Klägers (Universale Kirche e.V./Anm. G.K.) und der Streithelfer (u. a. Herr Peter G./Anm. G.K.) hat sehr wohl der Kläger selbst Anlass zu der Behauptung gegeben, er sei antisemitisch bzw. verfolge antisemitische Ziele oder Tendenzen. Diese Erklärungen stammen aus einem Rundbrief des geistigen Oberhauptes der Universalen Kirche, der von führenden Mitgliedern verbreitet wurde. Schon damit handelt es sich nicht mehr um dessen unverbindliche persönliche Meinung, sondern um eine offizielle Kundgebung, von der in besonderer Weise Beachtung und Akzeptanz erwartet wird. ... Angesichts dieser Umstände ist es nicht nur zulässig, sondern geradezu geboten, in der Öffentlichkeit die Frage zur Diskussion zu stellen, ob der Kläger antisemitisch sei bzw. antisemitische Ziele und Tendenzen verfolge..."

Falls sich Herr G. jedoch explizit auch von den o. g. antisemitischen Aussagen „aufgestiegener Meister" öffentlich distanziert, müsste man das wohl als sehr deutliches Abstandnehmen von diesen - nach meiner Meinung in seiner Gemeinschaft durchaus verbreiteten - Gedanken anerkennen und würdigen.

Probleme habe ich auch mit der Aussage von Herrn G.: „Die Universale Kirche hat keine Konten bei der Kreissparkasse Bautzen. Es gibt einzelne Privatkonten für Mitglieder der Kirche, die aufgrund des Drucks der öffentlichen Diskussion im gegenseitigen Einvernehmen geschlossen werden." In einem Schreiben von Rita M. Leach-Lewis, (Executive Vice-President and Treasurer The Universal Church)vom April 1996 heißt es: „Heute können wir Euch nun die neuen Bankverbindungen für den Europasitz bekannt geben: Schweiz: ..., Deutschland: Kreissparkasse Bautzen, Peter W. oder Rita M. Leach-Lewis, Bruderschaft der Menschheit, Europasitz, Konto-Nummer: 43020150, Bankleitzahl: 85055102, D-02605 Bautzen, Auch hier haben Monika und Doris den Verwaltungsjob ... Bitte vermerkt jeweils auf dem Überweisungsformular, dass Eure Einzahlungen für den Europasitz bestimmt sind. Ich gehe davon aus, dass Ihr alle bereits wisst, dass der Geliebte Peter (gemeint ist Peter W. Leach-Lewis/Anm. G.K.) bei diesen Banken auch noch ein USA-Konto hat. ... Einige von Euch haben auch für diese Konten bereits einen monatlichen Dauerauftrag. Damit Doris jedoch die Mietzinszahlungen immer rechtzeitig ausführen kann, ist es wichtig, dass das Geld jeweils am 25. des Monats auf unserem Europasitz-Konto (Auszeichnung im Original) zur Verfügung steht...." Formaljuristisch mag die Aussage stimmen, dass dieses Konto auf einen Privatnamen läuft. Faktisch stellt es aber, wie das obige Zitat belegt, ein Konto des Europasitzes der „Universalen Kirche" dar. Ich gehe davon aus, dass dieser Fakt Herrn G. als hochrangigem Mitglied bekannt war. Deshalb empfinde ich seine Äußerungen als verharmlosend und irreführend.

Eine andere Aussage im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Diskussion ist mir dieser Tage in der Schrift „Das innere Licht Band XIII, Nr. 25 vom 11.8.1993" aufgefallen. In einer Kundgabe geht ein „aufgestiegener Meister", „Lord Hanuvah" am 23.7.1993 auf die Gründung des eng mit der Universalen Kirche verbundenen „Weltfundaments für Natur-Wissenschaft" ein und meint dabei: „Was Wir suchen, sind buchstäblich ‘Agenten vor Ort’ - jene von euch, die Mitglieder der Bruderschaft der Menschheit und nicht unbedingt Mitglieder Des Fundamentes für Höheres Geistiges Lernen sind, VOR ORT - die Unsere Augen, Unsere Ohren und Unsere Hände in jenen großen Firmen sind, die etwas Mikrowellengeräte herstellen (Leach-Lewis hält sie für sehr gefährlich und garantiert krebsfördernd/ Anm. G.K.), die Wir bis zum Ende dieses Jahrhunderts ausgerottet sehen möchten - und sie werden es sein! Oder vielleicht arbeitet ihr in einer Kosmetikfirma, wo die Erzeugnisse an Tieren getestet werden. Ihr könnt unmittelbar behilflich sein, dies mit Unserer Unterstützung zu einem Ende zu bringen. Wir werden euch mit jenen Menschen auf der ganzen Welt in Kontakt bringen, die für eure Arbeit nützlich sein können, genauso wie Ihr für Ihre Arbeit nützlich sein könnt. Jene von euch, die in Regierungspositionen und verantwortlichen Positionen arbeiten, sowie jene von euch, die bereits für die Umwelt arbeiten, werden Wir mit jenen Menschen auf der ganzen Welt zusammenbringen, die eurer Arbeit nützlich sind, so wie auch ihr ihrer Arbeit nützlich sein könnt. Wir werden ein mächtiges Netzwerk verantwortlicher Menschen in verantwortlichen Positionen auf der ganzen Welt bilden."

Man mag diese Pläne angesichts der geringen Zahl der Mitglieder (Schätzungen gehen von 2000 weltweit und 1000 im deutschen Sprachraum aus) und der erwarteten Unterstützung durch die „aufgestiegenen Meister" (auf die sich das „Wir" im obigen Text bezieht) mit gutem Recht als phantastisch dahinstellen. Dass von Seiten der Gruppe aber ein gewisses Interesse besteht, eigene Mitglieder an verantwortliche Positionen zu bringen und zu halten, darf man aber durchaus annehmen.

Unabhängig vom gegenwärtigen „Fall" hat mich aber die Aussage von Herrn Landrat Horst Gallert, dass er erst dann Handlungsbedarf sähe, wenn eine Sekte verboten würde, mehr als erstaunt. Wären demnach auch der Landesvorsitzende einer rechtsextremen Partei (z. B. NPD oder DVU) oder ein Top-Scientologe in wichtiger Position für ihn kein Thema, da beide Organisationen nicht verboten sind?

Über die Person von Herrn G. selbst und zu seiner persönlichen Integrität kann ich keine Aussagen machen, da ich ihn persönlich nicht kenne. Mir ist er nur bekannt als Vereinsvorsitzender des Vereins Universale Kirche e.V. Dresden und Ansprechpartner für die diversen Veranstaltungen der Universalen Kirche in Sachsen. Von ihm selbst sind mir außer den Interviews der letzten Tage keine eigenen Aussagen (und damit auch keinerlei antisemitische) bekannt.

Ich möchte an dieser Stelle auch deutlich machen, dass es nicht um die religiösen Überzeugungen der „Universalen Kirche" gehen kann. Wenn diese glaubt, von „aufgestiegenen Meistern" durch Botschaften und Offenbarungen geführt zu werden, ist das ihr gutes Recht und sie hat den Anspruch, diesen Glauben in einer freien Gesellschaft neben den anderen Religionsgemeinschaften zu lehren, zu leben und auch missionarisch zu verbreiten. Probleme entstehen nur dann, wenn durch diese Botschaften den Mitgliedern Gedanken und Haltungen nahegebracht werden, die (wie eben der Antisemitismus) gegen grundlegende Wertüberzeugungen unserer Gesellschaft verstoßen. Dann muss sich eine Gemeinschaft auch kritische Nachfragen der Öffentlichkeit gefallen lassen und hochrangige Mitglieder die Frage, wie sie denn selbst zu diesen Aussagen stehen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Gerald Kluge


Anmerkung: Der in den Berichten erwähnte Herr Peter G. hat 2002 seinen Posten als Vorstandsvorsitzender aufgegeben und sich aus der Sparkasse zurückgezogen, um sich stärker in seine "Kirche" einzubringen. (Bericht in der Sächsischen Zeitung, Lokalteil Bautzen, 18.3.2002).