Was sollte man tun?

  • Bewahren Sie Ruhe! Panik blockiert. Handeln Sie dennoch umgehend, weil ein Anhänger in der Einstiegsphase für Argumente und kritische Anmerkungen in der Regel noch weitaus offener ist.
  • Versuchen Sie herauszufinden, wie weit Ihr Angehöriger schon in die Sekte hineingeraten ist. Danach richtet sich mitunter das weitere Vorgehen.
  • Nehmen Sie Kontakt mit Fachleuten auf. (Adressen)
  • Informieren Sie sich ausführlich über Lehre und Lebensweise der Sekte. Wie heisst die Gruppe, wie deren Führer? Welche Bücher liest der Angehörige etc.? Scheuen Sie sich auch nicht, ihn direkt anzusprechen und interessiert zu fragen. Wenn Sie gut unterrichtet sind, zweifeln Sie die Sektenlehre an. Dies ist wichtig, bedarf aber der Grundlage gegenseitigen Vertrauens. Beratungsstellen, Elterninitiativen und Weltanschauungsbeauftragte können authentisches und objektives Material verschaffen und Hinweise zum richtigen Verhalten bei der speziellen Sekte geben.
  • Letzten Endes muss die Entscheidung für oder gegen den Eintritt in eine Sekte von Ihrem Angehörigen selbst getroffen werden. Dringen Sie aber darauf, dass er sich eine solche Entscheidung gut überlegt und sich vorher objektiv informiert.
  • Verabreden Sie mit Ihrem Angehörigen deshalb ein »ritualisiertes« Gespräch, für das Sie konkrete Absprachen treffen: Jeder lässt den anderen aussprechen und versucht vorbehaltlos zuzuhören. Sorgen Sie für eine ungestörte und vor allem sachliche Atmosphäre.
    • Lassen Sie Ihren Angehörigen zuerst sprechen. Bitten Sie ihn um seine Darstellung, was er in der Gruppe an Positivem gefunden hat. Sie werden dabei erfahren, was ihm in seinem bisherigen Leben gefehlt hat (Partnerschaft? Freunde? Bestätigung? Antworten auf Sinn- und Existenzfragen). Können Sie an dieser Stelle Hilfe und Alternativen bieten?
    • Erzählen Sie Ihrem Angehörigen, wie irritiert sie von seiner Veränderung sind. Berichten Sie von den kritischen Informationen, die Sie inzwischen erhalten haben und bieten Sie ihm diese an. Bedeuten Sie ihm, dass für eine mündige Meinungsbildung nicht ausreicht, nur eine Seite (die der Gruppe) allein wahrzunehmen.
    • Sagen Sie, dass Sie besorgt sind und benennen Sie die Risiken, die Sie sehen. Versichern Sie Ihrem Angehörigen, dass Sie seine Entscheidung zwar nicht verstehen, aber akzeptieren.
    • Eröffnen Sie Perspektiven: Sichern Sie ihm zu, dass sie ihm bei einem Ausstieg jederzeit helfen werden und zwar ohne dann den Zeigefinger zu erheben im Sinne von »Das hab ich Dir doch damals schon gesagt«. Bedenken Sie, wie schwer es für jeden ist, einen Irrtum einzugestehen. Erheben Sie ihren eigenen Lebensentwurf nicht zum Maßstab.
  • Versuchen Sie, den Betroffenen vor einem definitiven Beitritt zu einem Gespräch mit einem/r Fachmann/frau zu überzeugen.
  • Sprechen Sie das Thema von sich aus künftig nicht ständig an. Andernfalls verstärken Sie die Verteidigungshaltung Ihres Angehörigen. Möglicherweise rechtfertigt er dann eine Sache, an der er bereits selbst zweifelt.
  • Stärken Sie das Gemeinsame. Halten Sie weiterhin Kontakt mit ihrem Angehörigen, auch wenn die gemeinsamen Interessen Ihrer Beziehung schwinden. Unterstützen Sie auch seine anderen Sozialkontakte außerhalb der Gruppe. Ein Ausstieg aus einer vereinnahmenden Gruppe fällt umso schwerer, wenn der Aussteigende keine anderen sozialen Kontakte mehr hat und der Ausstieg in eine Einsamkeit führt. Auch wenn auf Ihre Briefe keine Reaktion erfolgt, signalisieren sie dem Sektenanhänger doch, dass es auch noch Menschen außerhalb der Sekte gibt, die sich für ihn/sie interessieren.
  • Versuchen Sie, Ihren Angehörigen so weit zu bekommen, dass er anfängt, von sich aus zu denken und Fragen zu stellen. Innerhalb der Sekte wird er dazu angehalten, den neuen Glauben bedingungslos und vom Gefühl her anzunehmen.
  • Stellen sie fest, wie Ihr Angehöriger auf die Sekten-Lebensweise reagiert. Bemühen Sie sich, ihm gegenüber gelassen und liebevoll aufzutreten.
  • Versuchen Sie herauszubekommen, was die Gründe für den Sekteneintritt waren. Wonach suchte Ihr Angehöriger? Was hat er gefunden? Möglicherweise könnte man darauf hinweisen, dass sich die Pläne ohne Sektenbindung ebenso gut, wenn nicht besser, verwirklichen lassen, und fragen, ob und wie die Sekte eigentlich ihre großen Ideen praktisch verwirklicht. Dabei muss sehr vorsichtig und taktvoll vorgegangen werden, damit keine Feindseligkeit aufkommt.
  • Auf ähnliche Weise könnten auch Belege geliefert werden für die zur „Bekehrung" angewandten teils fragwürdigen psychologischen Methoden oder - wo es zutrifft - für die politische und finanzielle Motivierung, die man eher hinter den Kulissen als im Rampenlicht findet.
  • Mit der vereinnahmenden Gruppe wird Ihrem Angehörigen eine neue Identität übergestülpt. Sein altes Selbst ist weiterhin mehr oder weniger verschüttet vorhanden. Sorgen Sie dafür, dass diese alte Identität wach bleibt. Sie kennen Ihren Angehörigen am besten; es bietet sich eine Fülle von Möglichkeiten. Ein Zugang zur bisherigen Identität ist wichtig für einen Ausstieg aus der Gruppe.
  • Verhalten Sie sich feinfühlend in Auseinandersetzungen, aber bleiben Sie trotzdem fest bei Ihrer eigenen Überzeugung und handeln Sie so, wie es in der jeweiligen Situation am effektivsten ist.
  • Falls Ihr Angehöriger zu Besuch nach Hause kommt, versuchen Sie so viel wie möglich an alten Freundschaften und Erinnerungen zu erneuern. Erzählen sie ihm/ihr, was in der Welt vorgeht, vor allem gute Nachrichten, um der Sektenpropaganda, dass die Welt ganz und gar schlecht ist, etwas Positives entgegenzusetzen. Vermeiden Sie harte Auseinandersetzungen, sondern sprechen Sie die Gefühlsebene an.
  • Verhalten sie sich Sektenleitern und anderen Mitgliedern gegenüber nicht feindselig. Alle Möglichkeiten der Verbindung sollten intakt gelassen werden. Aber stehen Sie auch ehrlich zu Ihrer Überzeugung und spielen Sie nicht Sympathie vor, wo keine vorhanden ist.
  • Vermeiden Sie den Begriff "Sekte". Er führt in der Regel nur zur Konfrontation.
  • Bedenken Sie auch, dass Sie für die Überredungskunst der Sekte ebenso anfällig sein könnten. Es ist ratsam, Sektenzentren nur in Begleitung eines sattelfesten Freundes zu besuchen.
  • Wenn Sie überzeugt sind , dass Anlass besteht, aus medizinischen, psychologischen, finanziellen oder anderen Gründen über die Sektenbindung Ihres Verwandten besorgt zu sein, wenden Sie sich an Ihren Abgeordneten und bitten Sie, Ihren Bericht an das Gesundheits- bzw. Jugendministerium weiterzuleiten.
  • Führen Sie (Tage-)Buch über alles, was mit der Sektenbindung Ihres Angehörigen zu tun hat.
  • Allgemeingültige Rezepte gibt es nicht, nur Richtlinien, denn jeder Mensch ist verschieden und reagiert anders.
  • Ein Tipp für Sie selber: Leben Sie Ihr normales Leben weiter! Das Sektenproblem darf nicht alle Lebensbereiche überschatten. Deshalb sollte gerade auch das normale Familienleben und der Kontakt zu Freunden und Bekannten in dieser Situation weiter gepflegt werden. Ebenso sind Aktivitäten, die Ihnen das innere Gleichgewicht wiedergeben bzw. mal vom Sektenproblem abschalten helfen (Wanderung, Konzertbesuch, Urlaub, Verein, Kirchenchor...) immer zu empfehlen.
  • Ziehen Sie rechtzeitig eine Grenze, wenn Sie feststellen, dass es Sie psychisch zu sehr belastet. Es hilft Ihrem Angehörigen nichts, wenn Sie sich psychisch über die Maßen belasten. Schützen Sie sich, und suchen Sie professionelle Hilfsangebote auf, wenn Sie es selbst nicht mehr vermögen oder im Zweifel darüber sind.
  • Wenn Ihr Angehöriger aus der Gruppe ausgestiegen ist, sollten Sie ihn nicht mit Vorwürfen und Diskussionen belasten, sondern aufnehmen wie den verlorenen Sohn der Bibel. Er soll spüren: Du bist hier geliebt, egal was Du glaubst, wie Du denkst und was geschehen ist.