Wie ist die Holic-Gruppe entstanden?

Gründer der Bewegung ist Gottfried Holic (sprich: Holitsch) (1943-2010). Er wuchs als Einzelkind auf. In Wien trug er sich zunächst für ein Germanistik- und Geschichtsstudium ein. Mit 23 Jahren hatte er dann beim Schachspiel mit Agnostikern im Wiener Waldmüllerpark eine Art Bekehrungserlebnis. Von nun an will er sich ganz dem "Anspruch Jesu" widmen. Im selben Jahr stirbt seine Mutter, und im Herbst 1968 beginnt Gottfried Holic, katholische Theologie zu studieren. Er war als Langzeitstudent mit -zig Semestern bekannt. Er wohnte (belegt ist es zumindest bis Ende der 90er Jahre) gemeinsam mit seinem freidenkerischen Vater und einem katholischen Onkel in der Wiener Sechshauser Straße.

In der Zeit nach der Jahrtausendwende wurde er allerdings selber aus der von ihm gegründeten Gruppe wieder ausgeschlossen.

Aufgrund von Problemen mit der katholischen Kirche hatte er sich nach Beginn seines Theologiestudiums zwischenzeitlich in freikirchlichen, besonders evangelikalen Gemeinden umgeschaut, schien aber von seiner Persönlichkeitsstruktur her nicht in eine bestehende Gemeinschaft integrierbar zu sein. Seine Sonderideen und sein militantes Sendungsbewusstsein führten dazu, dass er bei verschiedensten Gemeinden, die ihn als Spalter erlebten, Hausverbot erhielt. Er machte sich dann selbständig und gründete Ende der 70er Jahre (wahrscheinlich 1977/78) mit zwei weiteren Theologiestudenten eine eigene Gruppe. Diese lebte in einer Wohngemeinschaft, an der er selber bezeichnenderweise nicht beteiligt war. Nach dieser ersten Wohngemeinschaft (in der Eisvogelgasse in Wien) wurden sie anfänglich die "Eisvögel" genannt.

In einem der Holic-Gruppe recht wohlgesonnenen Zeitungsartikel (Profil Nr. 38, 20.9.1982) wird Gottfried Holic wie folgt beschrieben:

"Auch Holic lebt ehe-, ja förmlich geschlechtslos. ... Wird er belächelt, dann weil er ein »Wurzelsepp« ist oder ganz schlicht ein Narr. Holic geht manchmal barfuß, auch in der Stadt; trägt gern Lederhosen, auch in der Stadt, und auch in der Stadt einen großen, geflickten Rucksack, dessen Inhalt nicht mal beim Nachtmahl den »wirklichen« Christen bekannt wird. Nylonsäcke (= Plastikbeutel/d. Verf.) quellen heraus, in denen sich Nylonsäcke befinden. Ein Schlafsack ist immer dabei. Nylonsäcke quellen aus den Hosensäcken. Zerknittertes Papier in Nylonsäckchen steigt aus der Hemdbrust. In den Tiefen des Rucksacks wurden Regenmäntel aus Plastik gesichtet. In Plastikfolie gewickelte Bibeln befinden sich dort, weiters eine schmutzige Thermosflasche sowie ein Plastikbecher mit dunklem Belag, daraus der ewige Student selbstgepflückten Tee trinkt. Zum Inventar gehören Stoffsäcke fürs Schwammerlsuchen (= Pilze/d. Verf.), dennoch: Holic ist gebildet. Holic kennt die Natur. Holic kennt die Westentasche. Hat Sendungsbewusstsein und mancherorts Hausverbot. Nimmt nicht ernst, dass niemand ihn nicht ernst nimmt... »Wir sind«, pflegt er dem Vorwurf zu begegnen, ein Sektengründer mit Größenwahn zu sein, »ein Kreis von Freunden, die mit Gott leben wollen.«"

Auch wenn sich dieser Zeitungsbericht mehr für die äußere Erscheinung interessiert, so bekommt man doch ein ungefähres Bild von der Gestalt des Gründers: durchdrungen vom eigenen Sendungsbewusstsein, deshalb uninteressiert an Äußerlichkeiten, sowie sehr naturverbunden. So kann das, was andere eher belächeln, auf die Gruppenmitglieder durchaus faszinierend wirken: Die Botschaft ist für ihn wichtiger als die Verpackung, er lebt vor allem für seine vermeintliche Sendung. Allerdings darf dieses Bild nicht überbewertet werden: Gottfried Holic prägte zwar die Gruppe durch seine Art, aber nicht so absolut, wie wir dies von anderen Sekten kennen. In späteren Jahren soll er sich äußerlich auch eher in Richtung auf ein konventionelles Aussehen geändert haben. Und wie bereits oben beschrieben, wurde er Anfang des 21. Jahrhunderts aus der Gruppe verstoßen.

Das weiterhin durchgeführte Studium der katholischen Theologie wurde damals damit begründet, dass man Informationen sammelt, um später besser gegen die anderen Kirchen argumentieren zu können. Seit 1983 wird von den Mitgliedern konsequent der Kirchenaustritt vollzogen.

Ursprünglich kaum beachtet erlangte die Gruppe vorübergehend größere Publizität, als 1982 verzweifelte Eltern ihre 22-jährige Tochter durch eine Entführung von der Gruppe lösen wollten. Die Tochter konnte sich nach wenigen Tagen befreien und erstattete Anzeige gegen ihre Familie. Die Gruppe selbst ist durch diesen Vorfall eher noch enger zusammen geschweißt worden.

In Österreich war man zunächst vor allem in Studentenkreisen sehr aktiv. Von Wien aus wurden dann weitere Gemeinschaften in Linz und Graz gegründet. Ende der 80er Jahre beginnt Holic zu reisen und gründet u.a. eine Gruppe in Budapest. Ein Motiv dafür war sicher, dass er einen gebürtigen Ungarn unter seinen Jüngern hat. Ein anderer Grund liegt wohl darin, dass die österreichischen Gebiete inzwischen von seinen Missionaren "abgegrast" waren und er im Osten noch unerschlossene Gebiete sah. Später erspähte die Gruppe vermutlich aus ähnlichen Gründen im sich gerade im Umbruch befindlichen Ostdeutschland ein Erfolg versprechendes Tätigkeitsfeld. Ein erster Kontakt dorthin entstand schon 1988, also noch zu DDR-Zeiten, auf dem Kirchentag in Leipzig. Nach der Maueröffnung ist die Gruppe in Berlin/Brandenburg und hauptsächlich in Sachsen sehr aktiv.

Von hier aus erfolgte dann kurze Zeit später der Schritt weiter nach Osten. Inzwischen gibt es auch Wohngemeinschaften der Sekte in Polen, den Niederlanden, Litauen und der Tschechischen Republik.

Auf dem evangelischen Kirchentag 1999 in Stuttgart wurde massiv geworben, wodurch auch eine örtliche Gruppe im Raum Stuttgart entstand. Einige Jahre später folgte eine weitere Wohngemeinschaft im Münchner Raum.

Gottfried Holic wurde 2004 selbst aus der Gruppe ausgeschlossen.  Hier hat die Radikalisierung der Gruppe ihren eigenen Gründer überrollt. Die Gruppe versucht seit dem Ausschluss seine Rolle bei der Gründung der Gruppe nach außen möglichst herunterzuspielen und klein zu reden. Im Dezember 2010 verstarb Gottfried Holic in Wien.

Seit ca. 2005 scheint es in der Gruppe eine massive Säuberungswelle mit einer Vielzahl von Ausschlüssen zu geben. (siehe dazu auch den Erlebnisbericht über einen erfahrenen Ausschluss).