Erfahrung eines Auschlusses (2009)

Die Verfasserin berichtet hier aus eigenem Erleben die Erfahrungen im Umfeld eines Ausschlusses. Diese Praxis, dass Holic-Anhänger gegen ihren Willen wegen teilweise Bagatellen aus der Gruppe ausgeschlossen werden, greift seit ca. 2002 immer weiter um sich. Auch der Gründer der Gruppe, Gottfried Holic, wurde davon inzwischen selbst betroffen. Noch ist unklar, ob es sich dabei um einen Radikalisierungsschub in der Gruppe, Machtkämpfe nach dem Ausschluss des Gründers oder eine Reaktion auf mögliche Entkrampfung im Verhältnis zur Umwelt (von einigen in der Gruppe als Aufweichungserscheinungen verstanden) handelt.
Ein englischsprachiger Blog eines Ausgeschlossenen findet sich hier - die deutsche Übersetzung: hier. Ein anderer Ausgeschlossener hat einen umfangreichen (englischen) Brief an die Gruppe geschrieben. 

Warum wird man ausgeschlossen?

Ausschlussgründe waren mehr oder weniger alle Sünden, die die Gruppe als solche ansah und in denen man sich, nach Ansicht der Gruppe verhärtet hatte. Wobei die eine spezielle Sünde angeblich immer noch viele andere mit sich zog. Als besonders gefährlich wurde u.a. die Sehnsucht nach den eigenen, nicht der Gruppe angehörenden Eltern angesehen. Mir wurde vor meinem Ausschluss gesagt, dies könne der Anfang vom Abfall sein. (Wortlaut Ina B.: „Es kann sein, dass du heute noch abfällst.“)

Der mögliche Abfall war eh´ ein starkes unterschwelliges Droh- und auch Machtmittel in der Gruppe. Wenn man dort etwas nicht will, dann ist es abzufallen, weil es der Lehre der Gruppe nach für einen Abgefallen keine Möglichkeit der Rückkehr zu Gott mehr gab, also nur noch die Hölle auf ihn wartete, erbarmungslos. Was ihm selber jedoch dann nicht mehr bewusst wäre. Um nicht abzufallen, wollte man Gott gehorsam sein, auch um ihn doch zu lieben, was eben bedeutete, der Gruppe angepasst zu leben.

Zwei Ausschlussgespräche mit Ausschluss als Ergebnis habe ich miterlebt: Den meiner leiblichen Schwester und meinen eigenen. Über andere Ausschlüsse wurde mir aber berichtet bzw. sie wurden mir erklärt. Auch war ich bei manchen Gesprächen mit einem Ausgeschlossenen dabei, der wieder aufgenommen werden wollte und ebenfalls zu meiner Stuttgarter „Gemeinde“ gehört hatte und dann auch – nach knapp einem Jahr - tatsächlich wieder aufgenommen wurde (und später wieder ausgeschlossen wurde).

Die Holic-Gruppe unterschied zu meiner Zeit schon zwischen leichteren und schwereren Sünden. Dies wurde zumindest behauptet. Wobei die leichteren Sünden für einen normalen Christen wirklich schon Bagatellen sind.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Ich erzähle am besten ein Beispiel von mir selbst, etwas, das schon als ernsthafte Sünde angesehen wurde: Ich habe durch meine persönliche Veranlagung ein größeres Schlafbedürfnis als viele andere Menschen. Hinzu kommt meine psychische Erkrankung, dass ich auch dadurch mehr Schlaf zum Regenerieren brauche. Wenn ich das jetzt schreibe, mich daran erinnere, „steigt mir die Galle hoch“. Ich wollte ja, als mich die „Gemeinde“ (die Holic-Gruppe) frisch aufgenommen hatte, als gesunder Mensch leben, hatte solch eine Hoffnung auf ein normales Leben, was gegründet war in einer jahrelangen Sehnsucht nach Gottes tiefgreifendem Wirken, weil ich eben nicht gesund bin. Naja, so wollte ich auch mein Schlafbedürfnis auf ein normales Maß reduzieren.

Nun, weil ich das erzählte und schon versuchte zu praktizieren, wurde ich von einer „Schwester“ aus der „Gemeinde“ angehalten, meinen Arzt zu fragen, wie viel Schlaf ich brauche. Von da an waren acht Stunden mein Maß durch die Gruppe.

War das ausreichend?

Ich kam damit nicht zurecht. Trotzdem: Schlief ich mehr, war es Sünde und ich musste es bekennen. Auch, wenn ich mich am Tag noch einmal hinlegte und innerhalb von einer halben Stunde nicht einschlief, musste ich nach dieser halben Stunde aufstehen und wieder aktiv sein. Ich musste mich an diese Vorgaben der „Gemeinde“ halten, bzw. Buße tun, hatte ich darin gesündigt.

Ich muss auch sagen, dass ich beständig unter Schlafmangel litt, bzw. einfach insbesondere meiner Seele tagtäglich die notwendige Regeneration fehlte. Es gab ja sowieso nicht wirklich Zeit am Tag für persönliches Aufarbeiten des Tagesgeschehens, für eigenständige Meinungsbildung. Und so war ich beständig in einer „Mühle“, tagaus, tagein. Bei den fast täglich besprochenen biblischen Themen schlief ich ein, regelmäßig. Nicht, dass es an grundsätzlichem Interesse gemangelt hätte, aber (wir besprachen unter der Woche biblische Themen meist ab halb zwölf nachts bis ca. ein Uhr morgens, - das ist kein Scherz!) ich konnte die Stofffülle auch so gar nicht verarbeiten, schon gar nicht dadurch Gottes Wirken erkennen. Es war schon ganz schön Leid.

Wie ging die Gruppe nun mit Ihrem höheren Schlafbedürfnis um?

In ihren Augen war es „Sünde“. Und vor allem war dieses „Sündigen“ der Anstoß für meinen Ausschluss. Ich war im Urlaub in der Berliner Wohngemeinschaft, und – endlich – wollte ich zu meiner eigenen Meinung über mein eigenes Schlafbedürfnis stehen. An einem der „Urlaubs“wochenenden trafen wir uns mit all den anderen deutschen und z.T. österreichischen Wohngemeinschaften. Wir bespachen – wie üblich – an einem Waldparkplatz ein biblisches Thema. Ich konnte wieder nicht aufpassen, wurde müde und ging von der Themenbesprechung weg und legte mich im Berliner Bus hin. Und blieb liegen. Dies hatte ein Ermahnungsgespräch zur Folge. Ich hatte zuvor geäußert, dass ich wünschte, die „Gemeinde“ würde in der Ansicht über mein Schlafverhalten/ Schlafbedürfnis so denken wie ich. Mir wurde vorgehalten, ich würde wollen, dass die „Gemeinde“ sündigt. Wohlbemerkt: Ich wollte, dass die „Gemeinde“, der Leib Jesu, sündigt! Es ist haarsträubend! Mann, was bin ich froh, dass mir klar geworden ist, dass die „Gemeinde“, die Holic-Gruppe, nicht das ist, was sie vorgibt zu sein. Dass Christsein etwas anderes ist. Dass ein Leben mit Gott wirklich in die Freiheit führt, zur Lebensentfaltung und nicht knechtet und Verhaltensregeln über Verhaltensregeln aufstellt, mit dem Schüren der Angst, man landete in der Hölle, würde man diesem „Leben mit Gott“ nicht gerecht. Ich bin so froh, dass Gott selbst anders ist. Und ich liebe diesen Gott.

Sie sprachen vom „Buße-Tun“, das einem „Sündigen“ folgt. Was hat man sich konkret darunter vorzustellen?

Ich selber habe es so erfahren, dass dies folgendermaßen gehandhabt wurde:

Hatte man „gesündigt“, grundsätzlich egal ob eine „Tatsünde“ oder ein „sündhafter“ Gedanke, so wurde von einem erwartet, eben, dass man Buße tat. D.h., dass man diese Sünde vor Gott bereute (die Reue wurde als ganz wichtig angesehen, ohne die war es keine richtige Buße). Somit musste man sie – zunächst - vor Gott als Sünde bekennen und ihn um Vergebung bitten mit dem festen Vorsatz, diese Sünde nie wieder tun zu wollen. Nur das sei wirkliche Umkehr, die Bereitschaft, die Sünde nie wieder tun zu wollen, wurde mir einmal von einer „Älteren“ „Schwester“ (Ina B. aus der Stuttgarter Gruppe) erklärt.

Grundsätzlich wurde auch erwartet, dass man seine Sünden recht zeitnah auch einem anderen „Bruder“ / einer anderen „Schwester“ bekannte, das natürlich in Demut. Wenn es sich um kleinere Sünden handelte bzw. ggf. auch um Gedankensünden, die in der Gruppe schon bekannt waren, so reichte es auch, nicht jedes Mal zu bekennen, sondern immer wieder mal. Dennoch wurde erwartet, dass man gegen seine Sünden kämpfte und sie – letztlich - besiegte, was zur „Heiligung“ dazu gehörte. Hierbei erhielt man „Hilfestellung“ in Gesprächen, z.B. auf den abendlichen Spaziergängen zu zweit oder zu dritt. „Hilfe“ durch „Geschwister“ beim Kampf gegen Sünden wurde als etwas ganz Wesentliches angesehen, als tiefe Liebe. Wenn man hartnäckiger in etwas sündigte, so gab es auch Gespräche mit z.B. der ganzen Hausgemeinde.

Von meiner heutigen Sicht aus war dies eben nicht der Heiligung dienend, sondern - und dies würde die Holic-Sekte vehement von sich weisen - eben Kontrolle und Machtausübung, worin ich eh` die heimliche, uneingestandene Motivation der Holic-Sekte sehe.

Die Gruppe sah in dem „Kampf gegen Sünde“ den Kampf um „Reinheit“, eben um „Heiligung“ der „Gemeinde“. Angeblich half man einander, um miteinander in der Ewigkeit bei Gott anzukommen. Lebte „Bruderliebe“. Aber in Wahrheit war es eine furchtbare Überwachung jedes Einzelnen. Nichts, gar nichts war mehr persönlich, nicht mal die Gedanken. Es gab auch keine Privatsphäre mehr. Das rief bei mir Aggressionen hervor, die natürlich nicht sein durften, die ich mir also als solches nicht einmal wirklich eingestand. Denn dies hätte ja Konsequenzen gegeben - in letzter Konsequenz hattes es auch meinen Ausschluss zur Folge.

Es ist auch so, dass die Gruppe gar nicht wirklich Gott zum Zuge kommen ließ. Die persönliche Beziehung des Einzelnen zu Gott war nicht so wichtig, die „Beziehung“ zu ihm lief hauptsächlich über die „Geschwister“, die „Gemeinde“. Dabei ist meine persönliche Beziehung zu ihm doch das Entscheidende, kommt meine Veränderung doch gerade daheraus.

Zum Thema „Buße“ gehört bei der Holic-Gruppe das Thema „Kampf um Heiligung“, wie eben erwähnt. Hierbei möchte ich noch hinzufügen, dass dies nicht nur bedeutete zu kämpfen, Sünden zu lassen, zu überwinden, sondern ganz aktiv, „das Böse mit dem Guten zu überwinden“, sich permanent anzustrengen „Gutes zu tun“, alles zu geben. Da kann man sich überlegen - als Leser -, was dies bedeutet. Für mich war dies permanenter starker Stress, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Einige Zeit hatte ich Angst, einen Herzinfarkt zu bekommen.

Der Ausschluss scheint die drakonischste Strafe zu sein. Gab es auch noch „mildere“ Strafen für „Vergehen“, die noch keinen Ausschluss nach sich zogen?

War jemand „geistlich in Gefahr“, sah aber seine Sünden nicht ein und bereute sie nicht, so konnte es schon sein, dass er bestimmte Aufgaben nicht mehr tun durfte, eben in deren Zusammenhang er gesündigt hatte, ohne zu bereuen. Das konnten somit ganz unterschiedliche Aufgabenbereiche sein, vom Autofahren übers Beifahrersein für Fahrlehrlinge (die den Fahrstil der Gruppe in den großen umgebauten v.a. Mercedes-Sprintern lernten) bis hin zu Aufgaben im Zusammenhang mit „Mission“. Nach erfolgter Buße durfte derjenige diese Aufgaben eventuell wieder übernehmen.

Für besonders hartnäckiges Sündigen gab es schon Strafen, auch wenn die Holic-Gruppe auch dies vehement von sich weisen würde:

Das eine waren eben die peinlichen Gespräche mit mehreren der „Geschwister“, die viel von Verhören hatten und bei denen erwartet wurde, dass der „Sünder“ sich demütigte und umkehrte, zumindest die Bereitschaft zugestand, nochmal in sich zu gehen, um letzlich „umzukehren“. Kehrte er nicht um, war sein Ausschluss nicht unwahrscheinlich (man gab ihm vielleicht noch etwas Zeit, eine „Chance“).

Nun, Folge eines solchen Gesprächs konnte - auch bei Umkehr - sein, dass der Betroffene für die nächste Zeit nicht als fähig angesehen wurde bisherige ihm überantwortete Aufgaben weiterhin zu tun. Das konnte das Autofahren betreffen, das sich Kümmern um Missionsbriefe (die Mails beantworten, die -aufgrund der Werbung etc. - an die Holic-Gruppe geschickt wurden), dies, wenn jemand als geistlich zu schwach angesehen wurde (genauer war er einfach nicht 100% auf der Linie der Sekte).

Ich selber hätte kurz vor meinem dann tatsächlichen Ausschluss meinen Urlaub, den ich in Berlin bei der dortigen Gruppe verbrachte, fast nicht fortsetzen dürfen aufgrund meines „Sündigens“ in meinem Schlafverhalten (Mein Hauptvergehen war, dass ich mir zu meinem Schlafverhalten - endlich! - eine eigene Meinung bildete und vertrat. Ich beschrieb das ja bereits.) Und übrigens: Dieser „Urlaub“ war zu großen Teilen Arbeit: Ich half beim Umzug der Berliner Gruppe innerhalb Berlins (2006).

Was ging einem Ausschluss voraus?

Einem Ausschluss gingen in der Regel viele Gespräche voraus, um demjenigen zur Umkehr, meist einer ganz tiefen, grundsätzlichen Umkehr zu verhelfen. Was aber nicht wirklich eine tiefe Umkehr vor Gott bedeutete, sondern eine Umkehr zurück zur Gruppenkonformität. Was in der Gruppe ja gleichgesetzt wurde mit Gottes Willen. Gespräche fanden hierbei in kleinem Rahmen statt, so zu dritt einschließlich desjenigen, dem man helfen wollte, vielfach bei den abendlichen Spaziergängen, und des öfteren auch im Rahmen der jeweiligen Wohngemeinschafts-“Gemeinde“, wobei nicht immer alle Mitglieder dabei waren. Manchen - die man als z.B. geistlich zu schwach ansah - wurde auch nahe gelegt, an solchen Gespräche nicht teil zu nehmen. Mitunter schlugen solche „schwachen“ Mitglieder das auch von sich aus vor. Diese Gespräche konnten sich durchaus über einen langen Zeitraum hinziehen, sowohl ein einzelnes Gespräch an sich (im Extremfall über Stunden), als auch alle einzelnen Gespräche miteinander, z.B. über ein halbes Jahr. Solche Gespräche wurden als Akt tiefer Bruderliebe angesehen.

Wie ging der Ausschluss konkret vor sich?

War jemand geistlich so akut „gefährdet“, dass er keine Hilfe von der Gruppe zur Umkehr mehr annahm bzw. die geforderte Umkehr ausblieb, entschied man sich in der Gruppe zu einem Gespräch im großen Rahmen. Dies fand oft an einem Wochenende bei den Treffen mit „Geschwistern“ aus verschiedenen Städten statt. Hier war die Anwesenheit noch anderer „älterer Geschwister“ gegeben. In der nun versammelten großen Runde waren „Geschwister“ aus verschiedenen Städten, insbesondere solche, die den „problematischen“ Bruder / die „problematische“ Schwester mehr kannten. Hier fand nun schon eine Art Verhör statt über die Sünden, von denen der Sünder doch - nach Meinung der Gruppe - so dringend umkehren müsste. Alles, wovon er umkehren müsste, wurde thematisiert, um die Gesinnung des Befragten zu prüfen. Um beurteilen zu können, ob man ihm noch helfen könne oder nicht. Aber es wurde eher gefragt, als dem eventuell Auszuschließenden seine Sünden vorzuhalten. Er sollte sie selbst benennen und beurteilen. Er sollte von sich aus mit Gottes Hilfe bereuen. Auch in diesem Gespräch hatte der „Sünder“ noch die Chance, umzukehren. Nach einer gewissen Zeit wurde der „Sünder“ hinaus geschickt und „die Gemeinde“ beriet. Dann wurde der „Sünder“ wieder hereingeholt und hatte nochmals die Gelegenheit, etwas zu sagen (vielleicht war er ja jetzt umgekehrt?). Dann wurde der Beschluss der „Gemeinde“ verkündet. War es Ausschluss, distanzierte man sich sofort, nach vielleicht noch ein paar Worten, vollkommen von dem nun Ausgeschlossenen. Ich kam mir nach meiner Urteilsverkündigung vor als letzter Dreck, unwert, Abschaum.

Ausgeschlossen wurde man mit der schlichten Verkündigung - nach Beratung durch eine größere Anzahl an „Geschwistern“ nach vorherigem Verhör des Delinquenten - durch die Äußerung eines Älteren der Gruppe: „Wir schließen dich aus, ...(Name)." Der Ausgeschlossene war dann einem Ungläubigen gleichgestellt und sofort aus der Gemeinschaft mit den anderen ausgegrenzt, geistlich und vor allem auch ganz praktisch.

Wie sah diese Ausgrenzung konkret aus, z. B. auch bei Ihnen?

Diese radikale Trennung von dem Ausgeschlossenen äußerte sich damals folgendermaßen: Im Sommer, auf einem Waldparkplatz, bekam der Ausgeschlossene eins der ausgebauten großen Autos zugewiesen, in dem er sich zunächst aufhalten durfte. Es entsprach dem Verständnis der Gruppe, dass dann niemand mehr mit ihm Gemeinschaft hatte. Der Ausgeschlossene war ja ein boshafter Mensch, der Gott nicht mehr gehorsam sein wollte, vielleicht auch schon nicht mehr konnte. Mitunter wurde der Ausgeschlossene auch zum nächsten Bahnhof gefahren, um nach Hause zu fahren (zunächst noch nach Hause zum gemeinsamen Haus der jeweiligen Gruppe). Während des Restes des Jahres fanden die Wochenendausschlüsse im Stuttgarter Haus statt, dem gemeinsamen Wochenendwinterquartier der deutschen und z.T. österreichischen Gruppen.

So wurde auch ich ausgeschlossen. Mir wurde dann ein Zimmer für mich zugewiesen - in meinem bisherigen Bett in einem Viererzimmer durfte ich nicht mehr schlafen. Ebenso bekam ich eine Toilette und Waschgelegenheit zugewiesen sowie des weiteren ein Plätzchen im Kühlschrank in der offen zugänglichen Speisekammer. Das Zimmer neben mir wurde geräumt, mein ehemaliger „Bruder“ wollte mit mir wohl möglichst nichts mehr zu tun haben, so dass ich dann, nach dem Ausschlusswochenende fast ganz für mich war. Diese beiden Zimmer sowie Waschbecken mit Toilette stellten nämlich einen kleinen separaten Bereich des Hauses dar.

Alle Räume, zu denen ein Ungläubiger keinen Zugang haben sollte und die ich tagtäglich betreten hatte, wurden vor mir zugeschlossen, wenn die Gruppe außer Haus war. Und ich musste auch so gut wie alle Schlüssel abgeben, was ich schon von mir aus tat. Dies alles hatte ich auch bei anderen Ausgeschlossenen vor mir so bzw. ähnlich erlebt. Von mir wurde erwartet, dass ich, die ich ja zurück wollte, alle Unterlagen von offenen oder unerledigten Missionskontakten an die „Gemeinde“ abgab. Was ich ebenfalls schon von mir aus tat.

Blieben Sie dann weiterhin im Haus der Gruppe wohnen?

Es wurde mir nach kurzer Zeit gesagt, ich solle ausziehen. Beim Umsetzen dessen in die Praxis wurde mir, wenn auch sehr lieblos, geholfen. Dabei ist zu sagen, dass ich, weil ich ja zurück wollte, zunächst fast alles zurück ließ. Ich mietete mir ein möbliertes Zimmer, das in meiner damaligen Vorstellung nur eine Übergangslösung darstellen sollte. Es wäre für mich Sünde gewesen, mir eine eigene, neue Existenz auf zu bauen. Ich sah auch mein Eigentum, bis hin zum Geld, weiterhin als Gottes Eigentum und somit Eigentum der Gruppe an. Als Ausgeschlossene kämpfte ich dann getrennt von der Gruppe um ein gruppenkonformes Leben.

Manch ein Ausgeschlossener durfte auch wohnen bleiben, z.B., wenn die Gruppe Ansätze einer „Umkehr“ sah oder Hoffnung darauf hatte. Bei mir, die ich im Zusammenhang mit meiner psychischen Erkrankung, aber auch durch die starke Bevormundung in der Gruppe, gegen die ich mich nicht gewehrt hatte, total unselbständig geworden war, wurde gesagt, ich „müsse selbständig werden“.

Welche Kontakte darf ein Ausgeschlossener haben?

Hier muss man zwei Dinge voraussetzen:

Erstens, dass jemand, der in der Holicgruppe ist, sich als heilig sieht und jemandem, der nicht ebenso leben will, keine Gemeinschaft außer der allernötigsten sachlichen Gemeinschaft anbieten wird, um sich nicht zu verunreinigen, um nicht Teil zu haben an Sünden anderer (Die „Gemeinde“, die Holicgruppe, als „Leib Jesu“ beurteilt ja andere Menschen geistlich, was sie behauptet zu können).

Zweitens, dass ein Ausgeschlossener oft zurück will u.a. aufgrund dessen, was in der Holicgruppe gelehrt wird über den Abfall.

Durchdenkt man sich dies, kommt man zu dem Schluss, dass

a)   jemand aus der Holicgruppe nicht von sich aus auf den Ausgeschlossenen zugehen wird, außer bei Sachlichem. Die Praxis ist auch tatsächlich, dass ein Ausgeschlossener, wenn er denkt, er sei umgekehrt, der „Gemeinde“ einen Brief darüber schreibt, den diese dann beurteilt und den Ausgeschlossen - im „günstigsten“ Fall - zu einem Beurteilungsgespräch einlädt. D.h., der Ausgeschlossene muss die Initiative ergreifen. Trost oder ermunternde Worte von Seiten der Gruppe kann er nicht erwarten. Vielleicht bekommt er aber in einem Antwortbrief oder, sollte ein solches stattfinden, in einem Gespräch verhaltene Richtung weisende Gedanken, dass er weiß, in welche Richtung seine Umkehr weiter gehen muss. Solche Gespräche können ganz schön nervtötend sein, weil die Gruppe restlos alle Sünden hören will. Nicht das Wesentliche ist, wie sehr Gott im Ausschluss geholfen hat, sondern die Umkehr von allen Sünden, alles offenzulegen. Die „Gemeinde“ ist natürlich nicht Schuld an der Misere. So war es zumindest bei mir. Da dreht sich mir jetzt noch der Magen um. Begegnet man einander nach dem Ausschluss im Haus, ist bis auf ein möglicherweise erzwungenes „Hallo“ und eventuell Sachlichem die Atmosphäre eisig.

b)    Logisch ist es, wenn der Ausgeschlossene, der zurück will, keine Kontakte - außer sachlichen - zur Außenwelt aufbauen wird, aus oben geschilderten Gründen. Er will ja umkehren und nicht gemeinsame Sache machen mit - von der „Gemeinde“ so beurteilten – Sündern. Auch ihr eventuell „sündhaftes“ Gedankengut möchte er nicht annehmen, weil es ihn dazu bringen kann, womöglich von Gott abzufallen. Dies ist sehr hart, weil man dann wirklich ohne einen anderen Menschen, abgesehen von eben sachlichen Kontakten, dasteht. Auch Kontakte zu anderen Ausgeschlossenen aufzubauen, bedeutet, Kontakte zu Menschen aufzunehmen, die vielleicht ja gar nicht wirklich umkehren wollen, womöglich bereits „abgefallen“ sind und somit ernsthaftes Gefahrenpotential (nach holic-konformem Denken) bergen.

Letzteres (b) war bei mir so. Nur Gott konnte dies durchbrechen, kein Mensch konnte mir aus diesen Gründen helfen.

Worin besteht der Unterschied zwischen „Ausschluss“ und „Entlassung“?

Zunächst einmal wurde zu meiner Zeit nicht unterschieden zwischen einem „einfachen Ausschluss“ und einer „Entlassung“ (vgl. Ihre Internetseite), sondern es war folgendermaßen:

Jemand wurde ausgeschlossen, wenn er trotz vorangegangener Gespräche mit ihm, mit zunächst ein, zwei „Geschwistern“, dann auch mit mehreren, nicht - nach den Vorstellungen der Gruppe - umkehrte und sich eben nicht wieder demütig in das Gruppenleben einordnete. Diesen Weg wählte man, wenn man dabei dennoch die Chance für ihn sah, dass er nach dem Vollzug des Ausschlusses dennoch umkehren könnte.

Anders verhält man sich, wenn jemand als hoffnungslos betrachtet wurde: Wie z. B. ein noch nicht bekehrter Gast, der doch einige Zeit mit der Gruppe mitgelebt hatte, ohne sich - nach ihrem Maßstab - zu bekehren und sich unumkehrbar verhärtet hätte. Oder ein „Bruder“, eine „Schwester“, die/der abgefallen wäre. Dann musste man ihn/sie „wegschicken“ (das war hier der Begriff). Man sagte dann vielleicht: „Wir trennen uns von dir.“ oder: „Wir können keine Gemeinschaft mehr mit dir haben.“ Vielleicht verfuhr man auch mit einem Gast so, der längere Zeit mitgelebt hatte, aber nicht bis ins Letzte nach den Vorstellungen der Gruppe umkehrte. Dann sollte er „nochmal nachdenken“. Bei ihm hatte man noch ein gewisses Maß an Hoffnung auf Bekehrung.

Schlussbemerkung

Nicht jeder Ausgeschlossene denkt so wie ich. Für mich waren die eben genannten Gedanken (wie insbesondere unter der Überschrift „Welche Kontakte darf ein Ausgeschlossener haben?“ geäußert) aber logische Schlüsse, an die ich mich gut 1 ½ Jahre lang nach meinem Ausschluss fast ganz strikt gehalten habe, weil ich unbedingt bei Gott in der Ewigkeit ankommen wollte. Dann hat Gott selber mich durch entsprechende Umstände da heraus geholt, ja, regelrecht befreit.

Name und Adresse des Verfassers sind bekannt