Das Gemeindebild
Ein Markenzeichen der Gruppe ist die Betonung der Gemeinde, der Gemeinschaft. Nach ihrer Meinung gibt es in der Bibel bestimmte Kriterien, welche die wahre Gemeinde Jesu auszeichnen würden:
- eine Gemeinschaft engagierter Christen, von denen sich jeder persönlich für Christus entschieden hat.
- keine Amtsträger in der Gemeinde: Die Amtsträger würden ihre Ämter zur Aufrechterhaltung persönlicher Macht missbrauchen. Hier wird auch absolut behauptet, dass "ein Pfarrer nicht den Heiligen Geist hat." Eigentlich seien sie unnötig, denn jeder Christ könne und solle das Nötige für die Gemeinde tun, also Leiter, Organisator, Prediger ... sein. Die Ältesten, Bischöfe und verschiedenen anderen Ämter der frühchristlichen Gemeinden, die in den Paulusbriefen erwähnt werden, seien kulturell bedingt gewesen. Damals bestanden die Gemeinden aus Juden- und Heidenchristen, was heute nicht mehr der Fall sei.
- tägliches Treffen und In-der-Bibel-Lesen. Als unbiblisch und nicht dem Wirken des Hl. Geistes entsprechend wird eine Aufteilung und Planung der Gemeindeaktivitäten in Gebets-, Bibel-, Jugendstunden und Gottesdienst abgelehnt. Nur tägliches Zusammenkommen der Christen zum Gebet, Bibelstudium, Austausch und Singen in einer formlosen, vom Hl. Geist geleiteten Art sei biblisch. Auch die Feier bestimmter christlicher Feiertage (Ostern, Weihnachten) widerspräche dem idealen Gemeindebild.
- Teilen der geistigen und materiellen Güter. Das bedeutet, dass man auch persönliche Probleme, Zweifel und eigene Verfehlungen mit den anderen Gruppenmitgliedern bespricht. Dadurch ist es der Gruppe auch möglich, den Einzelnen gezielt zu beeinflussen und schnell auf Veränderungen bei ihm (z. B. Zweifel) zu reagieren.
- keine Sünder in der Gemeinde: Es müsss eine radikale Trennung zwischen Gläubigen und Ungläubigen geben. Für die Gruppe sind auch die meisten anderen Christen ungläubig. Weil sie sich mit Unreinen vermischt hätten und Sünder in ihren Reihen duldeten, seien die bestehenden Gemeinden für Gott unbrauchbar. In der Praxis wird damit die Möglichkeit eines sündenlosen Lebens behauptet, auch wenn sie verbal zugeben, selber zu sündigen. Hartnäckige Sünder sollen aber aus der Gemeinde ausgeschlossen werden. In der Konsequenz dieses Gedankens liegt dann auch die Ablehnung jedes engeren Kontakts zu "Nicht-Christen" (d. h. Nicht-Gruppenmitgliedern bis hin zu eigenen früheren Freunden und Verwandten).
Den christlichen Kirchen werfen sie das Fehlen dieser Kriterien als Fehlhaltungen vor. Auch würde man bei ihnen durch eine reine Formhandlung (Säuglingstaufe ohne eigene Glaubensentscheidung) Mitglied und könne es durch ebensolche Formhandlungen (z. B. Kirchensteuer) bleiben, ohne dass das persönliche Leben vom Glauben geprägt werde. Einzelne positive Züge werden bei Andersgläubigen schon gesehen, allerdings sofort relativiert, da diese ja doch auf falschem Grund stünden und nicht den Geist Gottes haben könnten. Deshalb ist für sie auch ein gemeinsames Gebet mit Christen außerhalb ihrer Gruppe nicht möglich.
Sich selbst sehen sie als die Elitegemeinschaft der einzig wahren Christen an, die wirklich nach der Bibel leben. Deshalb erscheint ihre Haltung anderen Menschen gegenüber recht überheblich und verachtend. In Gesprächen mit ihnen spürt man immer wieder, wie sie mit einem Gefühl der Überlegenheit sprechen. Die anderen gelten als schwache, dem Materiellen verhaftete Menschen, die es nicht schaffen, sich auf das hohe sittliche und religiöse Niveau der Holic-Gruppe zu erheben.
Ob man selbst ein wahrer Christ sei, zeige sich erst an der Begegnung mit ihnen und der Stellung, die man zu ihnen einnimmt. Menschen, die noch keinen Kontakt mit ihrer Gruppe hatten, könnten durchaus wahre Christen sein. Nach dem ersten Kontakt mit ihnen müssten sie sich ihrer Meinung nach aber nach kurzer Zeit für die Gruppe entscheiden. Geschieht dies nicht, hätten sie sich auch als Verworfene und Scheinchristen entpuppt.
Somit kann sich das einzelne Mitglied seines Heils de facto nur in Verbindung mit der Gruppe sicher sein: die Bestätigung oder Zurückweisung der Gruppe ist letztlich das entscheidende Kriterium.
Eine Grundlage ihres Gemeindebildes bildet Apg 2, 42-46: "Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten. ... Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens." Vers 47 ("Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu, die gerettet werden sollten.") wird allerdings meist weggelassen. Hier wie auch in Apg 4, 32-35, den Paulusbriefen und Mt 10 (Aussendung der Jünger zur Mission) findet die Gruppe vieles vom eigenen Selbstverständnis wieder: die Gütergemeinschaft, die täglichen Treffen (sofern man nicht sowieso schon gemeinsam lebt) und den starken Missionseifer. Ebenso sind die Stellen der entschiedenen Jüngernachfolge (wo Jesus auffordert, alles andere um seinetwillen verlassen) sehr beliebt und werden besonders gern mit Neugeworbenen besprochen.
Andere, in der Bibel ebenso vorhandene Gemeindemodelle, die aber nicht in ihr Schema passen, werden nicht beachtet oder als zeitbedingt bzw. minderwertig abgelehnt.
Von den Mitgliedern wird ein moralisch reiner Lebenswandel verlangt (siehe im Abschnitt "Lebensweise"), denn so, wie der einzelne lebt, präge er das Bild der Gemeinde. Deshalb dürfe es keine Sünder in der Gemeinde geben, denn dadurch würde das Gemeindebild entstellt. Und da die Lebensform Teil der Verkündigung sei (nämlich die praktische Umsetzung des Evangeliums), würde so ein falsches Evangelium verkündet werden.
Die Erfahrung der extremen Überbetonung der Gemeinschaft hat ein ehemaliges Mitglied einmal in dem Satz zusammengefasst: "Ihr Götze ist die Gemeinde."