Gottesdienste in der Gruppe
Eigene rituelle Handlungen oder Gottesdienste sind selten. Es gibt eine Art Taufe in der Gruppe, allerdings nicht mit der selben Bedeutung wie in den christlichen Kirchen. Die Taufe gilt als äußeres Zeichen der inneren Umkehr, sei aber nicht heilsnotwendig. Da das frühere Christsein eines Neugeworbenen bis auf wenige Ausnahmen in der Regel angezweifelt wird, ist die Wiedertaufe allgemeine Praxis. Sie wird von einem beliebigen Gruppenmitglied vollzogen, das der Täufling sich vorher aussuchen kann oder das die Gruppe ausgewählt hat. Die Taufe von Säuglingen ist dann möglich, wenn das Kind gläubige Eltern hat, die eine christliche Erziehung sicherstellen. Die Taufe geschieht durch vollkommenes Untertauchen oder Begießen mit Wasser meist in oder an einem See oder Fluss. Einige Wohngemeinschaften fahren dafür regelmäßig nach Ungarn an den Balaton, um dort die Taufe zu vollziehen.
Seit einiger Zeit wird von ihnen auch eine Art Abendmahl als Gedächtnismahl gehalten. Hier können aber nur schon vollkommen entschiedene Mitglieder teilnehmen. Über den näheren Ritus ist bisher noch nichts bekannt; es soll allerdings recht selten gehalten werden. Die Gegenwart Jesu im Sakrament des Abendmahls wird im lutherischen Sinne (als wirkliche Gegenwart zum Zeitpunkt des Empfangs) verstanden, aber nicht weiter erklärt. Hier spürt man das schon an anderer Stelle angesprochene Desinteresse an theologischen Fragen, die nicht Lebenspraxis oder Gemeindeaufbau berühren.
Eine weitere gottesdienstähnliche Form ist die offene Beichte. Jeder bekennt dabei laut vor der versammelten Runde seine Verfehlungen. "So können wir einander ermahnen und helfen im Kampf gegen die Sünden. Wenn wir den Kampf gegen die Sünde aufgeben, geben wir das Christentum auf." Subjektiv fühlt sich das Gruppenmitglied dazu allerdings nicht gezwungen, sondern macht es freiwillig gern, um "alles miteinander zu teilen".
Einen großen Raum nimmt, wie schon erwähnt, das tägliche Treffen mit intensiven und langen gemeinsamen Bibellesungen ein. Es soll zum einen dem immer besseren Verständnis des Wortes Gottes dienen, zum anderen aber auch die Gemeinschaft untereinander stärken. Diese Treffen sind nach ihrem Verständnis der eigentliche Gottesdienst und bilden den Kern ihres Gemeinschaftslebens. Von der Form her sind sie eher frei gestaltet mit Bibelstudium, Gebet, geistlichem Gespräch und Singen. Eine Liedermappe mit verschiedenen geistlichen Liedern (vom Charakter her meist Lobpreisgesänge) wurde zusammengestellt, die bei den Treffen verwendet wird. Vereinzelt werden auch Instrumente beim Singen benutzt, allerdings nicht in der Form, dass man schon von Musizieren sprechen kann. Allein der Inhalt wird für wichtig gesehen, die äußere Form ist nebensächlich. So wird bei einem Lied mit eingängiger Melodie auch gemahnt, das Lied nicht nur wegen des Klangs zu singen.
Das Gebet geschieht bei diesen Treffen und auch sonst grundsätzlich gemeinsam; privates Gebet gilt als Abspaltung von der Gemeinschaft (es sei denn, das Mitglied ist in der Schule oder am Arbeitsplatz von der Gemeinschaft getrennt). Einen großen Raum nimmt dabei das freie und offene Gebet ein, bei dem jeder beteiligt ist. Ebenso beliebt sind Psalmenlesungen. Dazwischen werden dann Bibelworte gesprochen. Das Vaterunser wird nach Berichten ehemaliger Mitglieder nicht gebetet. Jesus hätte es nicht als Gebet verstanden, sondern es seien Gedanken, die zur Anregung für des eigene Gebet dienen sollen.
Gottesdienstliche Formen bei Hochzeiten, Beerdigungen, bei Krankheit oder dem Eintritt ins Erwachsenenalter (Firmung/Konfirmation) sind nicht bekannt. Vermutlich fehlte es bisher auch an den dafür notwendigen Anlässen.
Besondere Feiertage werden abgelehnt, seien sie privater (Geburtstag), staatlicher (1. Mai, Tag der deutschen Einheit) oder kirchlicher (Weihnachten, Ostern) Natur.