Die Außenkontakte
Während der Phase des Hineinwachsens in die Holic-Gruppe beobachten Außenstehende deutliche Veränderungen im Kommunikationsverhalten des neuen Mitglieds.
Gesprächskontakte mit früheren Freunden und Verwandten werden auf das Religiöse reduziert. Wenn diese dann aber nicht selbst der Gruppe beitreten, kann der Kontakt ganz abgebrochen werden. In der Gruppe herrscht die Meinung vor, dass man demjenigen das Heil angeboten habe und er sich nun entscheiden konnte. Wenn er sich gegen die Gruppe entschieden hat, sei die Sache klar und man brauche sich nicht mehr um ihn zu kümmern.
An weiteren Kontakten hat ein Holic-Anhänger kein Interesse: Zum einen wird gelehrt, dass sich wahre Christen von allen Sündern (dies wären alle, die nicht nach der Lebensweise der Holic-Gruppe leben) trennen müssten, zum anderen gewinnt das religiöse Element einen alles bestimmenden Platz im Leben und Denken. Andere Dinge (Hobbys, Familie, Schule, Politik, Kultur, Sport) erscheinen dem Holic-Anhänger als so nebensächlich, dass sich ein Gespräch darüber nicht lohnt.
In der Anwerbephase versucht die Gruppe noch, gegenüber der Familie des potentiellen Mitglieds ein günstiges Bild von sich zu vermitteln, um mögliche kritische Reaktionen zu vermeiden, welche die Anwerbung behindern könnten. Sie stellen sich als Freundesgruppe dar, die viel Zeit in der Natur verbringt und mit Gott leben möchte. Erst wenn das Mitglied später völlig unter ihren Einfluss gerät, werden die bisherigen Kontakte zu Menschen außerhalb der Sekte auf ein Minimum zurückgeschraubt bzw. gänzlich abgebrochen. Auch die rein menschlichen Beziehungen laufen vornehmlich innerhalb der eigenen Gruppe ab. Der Einzelne wird von der Gruppe dadurch um so abhängiger.
Begründet wird dies dann mit diversen Bibelstellen, wie z. B. 2 Kor 6, 14-18: "Beugt euch nicht mit Ungläubigen unter das gleiche Joch! Was haben denn Gerechtigkeit und Gesetzwidrigkeit miteinander zu tun? Was haben Licht und Finsternis gemeinsam? ... Was hat ein Gläubiger mit einem Ungläubigen gemeinsam? Wie verträgt sich der Tempel Gottes mit Götzenbildern? Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes; denn Gott hat gesprochen: Ich will unter ihnen wohnen und mit ihnen gehen. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. Zieht darum weg aus ihrer Mitte, und sondert euch ab, spricht der Herr, und fasst nichts Unreines an." Die Praxis Jesu, der sogar die von Pharisäern so kritisierte Mahlgemeinschaft mit Sündern hielt, wird von ihnen nicht beachtet oder dahingehend gedeutet, dass er es nur als kurzes Angebot zur Bekehrung getan habe, jedoch ansonsten keine längere Gemeinschaft mit ihnen gepflegt hätte.
Ein Christ, der sich nach dem Kontakt mit der Holic-Gruppe nicht bekehrt, ist für sie eigentlich noch schlimmer als ein Atheist, der die Botschaft so noch nicht vernommen hat. Der Christ, der sich nicht von "Irrlehrern" trennt, würde mitschuldig an der Verführung, die diese leisten, und richtet dadurch größeren Schaden als ein Atheist an. Mehrfach wurde beobachtet, dass Holic-Anhänger deshalb ungezwungener mit atheistischen als mit christlichen Verwandten umgingen.
Trotz dieses Feindbildes ist aber nicht zu erwarten, dass man von ihnen direkt betrogen wird. Wahrscheinlich würden Sektenmitglieder eher eine Antwort verweigern, als sich mit einer Lüge aus der Affäre zu ziehen. Jedoch sind Spitzfindigkeiten möglich, wo der Wortlaut an sich stimmt, aber die Aussage dennoch eine andere ist. Z. B.: Die Eltern möchten nicht, dass ihr Kind in den Ferien mit der Gruppe ins Ausland fährt. Der Sohn verspricht auch, die geplante Fahrt nach Polen nicht mitzumachen - fährt allerdings dafür mit der Sekte nach Ungarn, das vom Versprechen nicht betroffen war.
Soziale Aktivitäten der Gruppe nach außen sind (wie auch bei anderen Sekten) nicht bekannt. Eher kann es dazu kommen, dass frühere soziale Aktivitäten (wie z. B. die Betreuung eines Behinderten) nach Beginn der Mitgliedschaft abgebrochen werden. Nächstenliebe wird definiert: "Was Nächstenliebe heißt, finden wir bereits im AT, in 3. Mose 19. Dort heißt es in V. 17: »Du sollst deinen Bruder in deinem Herzen nicht hassen. Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld trägst.«" Liebe ist für sie "nicht irgendein undefinierbares Gefühl, sondern das konkrete Halten konkreter Gebote Jesu, die konkrete Hingabe des Lebens an Gott und an konkrete Brüder, mit denen wir in einer konkreten Gemeinde verbunden sind." Die selbstlose Hingabe sei nur gegenüber Mitgliedern der eigenen Gemeinschaft möglich. Ihr Dienst für die Mitmenschen außerhalb der Gruppe bestehe deshalb in der Mission.
Überhaupt steht das einzelne Gruppenmitglied unter einem großen Missionierungsdrang. Selbst in Schulklassen, am Arbeitsplatz und zu Anfang der Mitgliedschaft auch im Freundeskreis werden die Gespräch immer wieder auf das Thema Religion, Bekehrung, Leben nach der Bibel ... gebracht. Ehemalige Mitglieder erzählen, dass sie sich regelrecht auf Missionen freuten, weil sie dann einmal mit anderen (normalen) Leuten in Kontakt kamen. Allerdings hatten sie sich diese Motivation in der Zeit ihrer Sektenmitgliedschaft gedanklich nie eingestanden.
Für die mitunter ausgedehnten Fahrten zu den Missionen (meist im weiten Umkreis der eigenen Wohngemeinschaft, teilweise auch bis in die Länder der ehemaligen Sowjetunion) benutzen sie Kleinbusse. Dafür sollte jedes Mitglied einen Führerschein haben. Nach eigenen Angaben wurden die Kleinbusse gebraucht von Betrieben aufgekauft und von Holic-Anhängern in Litauen oder Ungarn (nahe Oroszlany) umgebaut. Das Geld dafür käme von den einzelnen Mitgliedern bzw. durch einzelne Geschenke der Eltern. Ebenso sind einige Mitglieder handwerklich sehr begabt. Auch wenn das vom geläufigen Erscheinungsbild der Gruppe her logisch klingt und keine anderen Geldquellen bekannt sind, stellen sich hier doch angesichts der Anzahl der Busse, des guten äußeren Zustandes und der respektablen Inneneinrichtung einige Fragen.
Die Kleinbusse sind so umgebaut, dass man darin auch schlafen kann. Das geschieht teilweise auch während der Fahrt, obwohl es eigentlich von der Straßenverkehrsordnung her verboten ist. Die Gruppe meint aber, dass sie auf ihren Missionen unter Gottes Schutz stände. 1999 kam es in Polen nahe Piotrków zu einem (von der Gruppe unverschuldeten) Unfall, bei dem ein Mitglied, das sich im hinteren Busteil aufgehalten hatte, ums Leben kam. Zwei andere überlebten schwer verletzt und ein Mitglied starb einige Zeit später. An der Praxis der Gruppe scheint dieses Ereignis aber nichts geändert zu haben.