Moralische Richtlinien, die das Leben bestimmen
Die moralischen Vorschriften sind recht rigoristisch und lassen dem Einzelnen wenig Entfaltungsfreiraum für die eigene Lebensgestaltung. Teilweise werden alltägliche Verrichtungen hinterfragt, ob sie nicht eventuell Sünde sein könnten.
Das Anzweifeln von Lehraussagen der Gruppe offenbare auf jeden Fall einen sündhaften Geist. Die bewusste Wiederholung einer bestimmten Sünde gilt als Unglaube und kann Grund für einen Ausschluss sein.
Die Sexualität sehen sie mehr als zu vermeidendes Geschehen an. Sexualität sei eine Zweierbeziehung und damit egoistisch. Sie sei ein Absondern von der Gemeinschaft. Auch geschehe sie auf der körperlichen Ebene, während die Beziehung zwischen den Menschen doch vor allem eine geistige sein solle. Außerdem sei es ein Geschehen, das sich nur zwischen Menschen abspielt, wo Gott keine Rolle spielt. Und schließlich gebe es derzeit wichtigere Dinge (wie das Missionieren) zu tun. Deshalb herrscht in der Gruppe ein eheloser Lebensstil vor. Die von einem Mitglied geäußerte Meinung, dass die Enthaltsamkeit wegen des nahen Weltendes geschehe, ist wohl nicht die allgemeine Auffassung der Gruppe.
Seit Ende der 90er Jahre scheint die Hauptbegründung für die Ablehnung von Sexualität in die Richtung zu laufen, dass die Gründung einer Familie die Mission zeitlich beeinträchtige. Die Pflichten einer Ehe nähmen einen zu sehr in Anspruch als dass man sich mit seinem ganzen Leben Gott hingeben könnte. Angesichts der wenigen wirklichen Christen sei eine Familiengründung deshalb egoistisch, weil sie vielen "Hilfsbedürftigen in der Welt" die Chance entziehe, die "Wahrheit" kennen zu lernen.
Dies führt in der Gruppe zu einem sehr verkrampften Umgang mit Sexualität. So genannte "Sünden" im sexuellen Bereich sind (vor allem bei den Männern in der Gruppe) ständig Thema bei den Sündenbekenntnissen und häufig ein Grund für den Ausschluss. Eine ehemaliges Mitglied berichtete, dass aus den Büchern, die in den Gemeinschaftswohnungen stehen (z. B. Lexika), die Bilder herausgeschnitten werden, die auch nur entfernt einen sexuellen Inhalt vermuten lassen.
Auch gelten z. B. schon Genussmittel (Rauchen, Alkohol, Kaffee, Tee, Eis, mitunter Süßigkeiten) ebenso als Sünde wie Unterhaltung oder die Beschäftigung mit einem Hobby (Musik, Garten...). Die Musik wird zwar ab und an bei den gottesdienstähnlichen Zusammenkünften gepflegt, allerdings "darf man die Musik nicht vergötzen", wozu auch schon eine intensivere Beschäftigung in der Freizeit zählt. Sogar zuviel Waschen sei Sünde, da dadurch die Haut geschädigt werde. In dieser Hinsicht sind sie recht wissenschaftsgläubig. Wird eine Lebensweise von Medizinern als ungesund dargestellt, so gilt sie automatisch als Sünde. Einige Verbote (z. B. Verzehr von Süßigkeiten, Kaffee...) haben hier ihre Ursache. Großer Wert wird deshalb auf die Gesundheit als sittliche Aufgabe gelegt, ohne dass der Leib aber "vergötzt" werden dürfe.
Allerdings sind dann in der Gruppe oder bei einzelnen Mitgliedern durchaus Kompensationshandlungen zu erkennen. Während der Verzehr von Schokolade verboten ist, ist z. B. ein hoher Verbrauch an Marmelade zu bemerken. Auch das Raufen (ein kindlich anmutendes Umerhtollen und Sich-Balgen) hat hier wohl seinen (evtl. unbewussten) Ursprung.
Die Beschäftigung mit Hobbys (z. B. Musik) gilt ebenfalls als schlecht, weil man damit Zeit vertue, die man für die Mission hätte verwenden können, oder die entsprechende Sache vergötzt. Mit einem Hobby diene man sich selbst und nicht Gott.
Ihre Lebenseinstellung ist von dem ständigen Bemühen getragen, sich als die Gruppe der wirklichen, der reinen Christen beweisen zu müssen. So wird das strenge Befolgen angeblich aus der Bibel erkannter Normen zu einem Beweis für die eigene Überlegenheit. Von daher wird die eigene Handlungsweise ständig hinterfragt, ob sie erlaubt oder Sünde sei (z. B.: mit den Kindern fröhlich spielen, sich mit jemanden im Kaffee treffen ...). Ähnlich wie bei den Zeugen Jehovas kann man eine gewisse Freude beobachten, bestimmte "Gebote" in der Bibel "gefunden" zu haben, welche nur sie befolgen und wodurch sie sich bereits in der Lebensweise von allen anderen unterscheiden.