Sorgerechtsurteil

Eine Ehe ging nach dem Beitritt der Frau zur Holic-Gruppe in die Brüche. Im darauffolgenden Sorgerechtsstreit wurde dem Vater in beiden Instanzen das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder übertragen. In den Urteilsbegründungen heißt es dazu auszugsweise zum Umgang mit Kindern in der Gruppe:

"...Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 1.2.95 zum Ergebnis, dass es sich bei der christlichen Gemeinschaft, der die Antragstellerin angehört, um die sogenannte "Holic"-Sekte handelt. Er hat sich in seinem Gutachten auch damit auseinandergesetzt, wie die Stellung von Kleinkindern in dieser Gemeinschaft zu beurteilen ist, weil die beiden Kinder der Parteien, für den Fall, dass der Antragstellerin die elterliche Sorge übertragen werden würde, in dieser Gemeinschaft aufwachsen müssten.

Er kommt insoweit zum Ergebnis, dass die Erziehungsstile und Erziehungsmethoden dieser Gemeinschaft eine altersgemäße positive Entwicklung von Kleinkindern nicht zulassen, da das Wohl der Kinder nicht im Vordergrund steht.

Dieses Ergebnis hat er im Rahmen seiner richterlichen Anhörung bestätigt.

Die vom Sachverständigen angesprochenen rigorosen und stark auf Disziplinierung ausgerichteten Erziehungsstile und Erziehungsmethoden dieser christlichen Gemeinschaft wurden von der Zeugen N.N., die selbst einige Monate Mitglied dieser christlichen Gemeinschaft gewesen ist, bestätigt...." (Amtsgericht Hof, Az: F224/94)

 


Gegen dieses Urteil hatte die der Sekte angehörende Mutter Berufung eingelegt. Es wurde aber in der zweiten Instanz bestätigt:

"... Von entscheidender und gegen die Beschwerde sprechender Bedeutung ist jedoch, dass die Mutter sich nie vom Vorwurf distanziert hat, sie wolle und werde sämtliche Wochenenden unter Mitnahme der Kinder möglichst in der freien Natur mit den Mitgliedern ihrer Gruppe verbringen. Eine solche Lebensführung ist geeignet, sowohl die Gesundheit der Kinder zu gefährden - A. wurde, ob nun mit oder ohne Fieber, schon mit wenigen Wochen und somit im Spätherbst/Winter zu solchen Treffen mitgenommen - als auch deren gesundes Heranwachsen an Körper und Geist zu beeinträchtigen. Es kann nicht als kindgerecht verstanden werden, wenn Kinder, insbesondere im zarten Alter der hier verfahrensbetroffenen, an stets anderen Orten sämtliche Wochenenden mit betenden und bibelauslegenden Erwachsenen verbringen sollen. Auch die Schilderung der Pflegemutter über den Entwicklungsstand des zwei Jahre alten B. bei der Aufnahme in ihre Familie, spricht gegen die von der Mutter zu erwartende Betreuung, denn auffällig ist schon, dass das immerhin zwei Jahre alte Kind lediglich über einen Sprachschatz von wenigen Worten verfügt. Hierzu kommt, dass es nicht nach seiner Mutter fragte oder gar nach ihr verlangte. Schließlich ist auf das ungewöhnlich aggressive Verhalten des Kindes zu verweisen. All dies spricht dafür, dass das bisherige Erziehungsmilieu dem Kindeswohl nicht zuträglich war.

Zudem ist, was in den Zusammenhang der vorherstehenden Erörterungen passt, den Schilderungen sämtlicher Zeugen, auch der von der Mutter benannten zu entnehmen, dass Hauptanliegen der Gruppe das möglichst häufige "brüderliche" Begegnen mit allen Mitgliedern ist. Den Beziehungen der Eltern zueinander und zu ihren Kindern kommt somit kein Vorrang zu, was nicht dem Geist des Art. 6 GG entspricht. Insbesondere gilt dieser Gruppe das Kindeswohl keineswegs als oberste Richtschnur, wie sich anschaulich aus der glaubhaften Schilderung der Zeugin N. ergibt, wobei der von der Zeugin dargelegte nicht kindgerechte Erziehungsstil in der Gruppe sich in dem von der Zeugen K. bekundetem auffälligem Verhalten von B. im Zeitpunkt seiner Hineingabe in die Pflegefamilie ersichtlich niedergeschlagen hat. Diese Grundhaltung der Gruppe stellt in massiver Weise in Frage, ob sie die Belange von Kindern richtig erfassen, diese bejahen und ihnen die erforderlichen Bemühungen widmen kann...." (Oberlandesgericht Bamberg Az: 7 UF 80/95)