Das Image der Gemeinschaft zum Zeitpunkt des Beitritts und Austritts

Laut Aussage der ehemaligen Mitglieder bekommen neue Mitglieder nur sehr wenig Informationen über die Geschichte der Gemeinschaft. Es wird nur erwähnt, dass dies oder jenes seit ihrer Gründung geschehen ist. Unter anderem wurde die Person, die man für ihren Gründer[1] halten kann, G. Holic[2] ausgeschlossen. „Einer der Gründe, warum einige Worte über den Beginn der Gemeinschaft verloren wurden, war die Tatsache, dass einige Mitglieder in Wien wussten, dass etwas mit Gottfried nicht stimmte[3]. Die neuen Mitglieder wussten nichts davon, aber man musste aus den Fehlern beim Ausschluss von Gottfried lernen.“ sagte Albert, ein prominenteres Mitglied, das ausgeschlossen wurde. Aranka, eine andere Quelle, denkt persönlich[4] über die Gemeinschaft, dass „wir die Vergangenheit nicht verbergen sollen, denn Gottfried war wirklich ein Mitglied der Gemeinschaft und spiele zwei Jahrzehnte lang eine bedeutende Rolle.“

Es wird auch wenig darüber gesagt, wie viele damals bzw. heute zur Gemeinschaft gehören und wie die Mitgliederzahl gewachsen bzw. gesunken ist. Die Zahl der ungarischen Mitglieder ist in den letzten 10 Jahren von ca. 60-70 auf 30 gesunken. Sie mussten wichtige Niederlassungen (Städte) aufgeben. Die gesamte Gemeinschaft erstreckt sich über ein Dutzend Länder und zählt heute ca. 130[5] Personen. Die Zahl der Ausgeschlossenen beträgt insgesamt 160, in Ungarn 77 Personen.

Die ehemaligen Mitglieder sahen die Gemeinschaft zum Zeitpunkt ihres Beitritts als „tief religiös. Sie leben und handeln nach dem was sie lehrten – was sehr selten ist“ (Norbert[6]). Sie erlebten eine „Gemeinschaft voller Liebe, die ein reines Leben führte“ (Aranka), wo sie Freunde fanden, über die ein früherer Freund sagte: „Sie liebten sich zu sehr“ (Antal). Jedoch gab es einige, z. B. Lenke, die sich erinnerten, dass „es schwierig war, beizutreten, denn das tägliche Beisammensein und die Menge an Zeit, die das verschlang, waren eine große Herausforderung. Jedoch behandelten sie mich liebevoll und halfen mir gern. Ich musste mich mit Anstrengung in die Gemeinschaft begeben, und ich konnte mich nicht endgültig entscheiden, ob ich bleiben wollte.“

5-15 Jahre später, als sie die Gemeinschaft verlassen hatten oder (häufiger) ausgeschlossen worden waren, ist das Bild der Gemeinschaft für sie entzauberter und dunkler: „Ich begann zu bemerken, dass wir die Dinge nicht so taten, wie wir sie besprochen hatten, das tägliche Beisammensein hatte nicht ausreichenden Inhalt. Wir erlebten selber nicht wirklich das, was wir in den Missionseinsätzen anderen gegenüber über uns erzählten. Ich meine vor allem Liebe und Ehrlichkeit“ (Ági), „Ich hatte das Gefühl, dass wir ständig in Eile waren und keine Zeit für die wichtigen Dinge hatten. Das Zusammenleben und die Anpassung waren weit davon entfernt, perfekt zu sein. Die entscheidende Frage war, ob diese Gemeinschaft in der Frage der Liebe wahrhaftig war. Und auch, ob wir das hätten tun sollen, was wir taten“ (Lenke), „Ich sah die schlechten Zeichen, aber ich hatte die Hoffnung, dass diese Dinge korrigiert werden können. Das schloss den Konkurrenzkampf untereinander ein, Sich-in-den-Mittelpunkt-Stellen, Arroganz, Klatsch, und dass wir übermäßig den eigenen Lebensstil und nicht den von Christus proklamierten.“ (Aranka). Es gab einige, die keinerlei Veränderung spürten, die sich immer zu Hause fühlten und dort gern wie ein altes Ehepaar geblieben wären. Dass sie es offen äußerten, war zu ihrem eigenen Nachteil: sie wurden ausgeschlossen.



[1] Die Christen bezeichnen ihn nicht als ihren Gründer, sondern sagen: „Unser Gründer und Leiter ist allein Jesus Christus. Im Laufe der Geschichte hat Jesus immer wieder Menschen in seine Nachfolge berufen. Da Gott ständig Menschen beruft, ist es nichts besonderes, dass sich einige Christen in Wien zu Beginn der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts gefunden hatten. Darunter waren Josef Aufreiter, Gottfried Holic und Gottfried Preis. Keiner von ihnen wollte eine neue Gruppe gründen. Das wäre ein Werk menschlichen Hochmuts gewesen. Meiner Meinung nach wäre es kein Problem, ihn als Gründer zu bezeichnen, denn das war er. Wir sagten das, weil wir kritisiert wurden, dass unsere Gemeinschaft nicht christlich sei, sondern eine Sekte, die von Gottfried gegründet wurde“ (Albert)

[2] „Gottfried Holic erlitt beim Raufen einen Schlaganfall. Er erholte sich nur langsam und musste neu sprechen lernen. Im Verlauf von ein oder zwei Jahren verlor er das Vertrauen der Mitglieder. Sie glaubten, dass er gelogen habe. Schließlich zerfiel das Bild des Gehorsams, das sie sich von ihm persönlich gemacht hatten. Ein österreichischer Bruder sagte, dass Gottfried kein Vorbild mehr für sie war. Dieser Vorgang war für mich zu ärgerlich. Ich fühlte immer mehr, dass sie von uns etwas verlangten, woran sie selbst nicht glaubten.“ (Albert)

[3] „Viele Jahre lang war es nicht erlaubt, Gottfrieds Position, seine Verhalten und seine Erwartungen in Frage zu stellen. Er erfreute sich einiger typischer Privilegien, er konnte es sich erlauben, lieblos zu handeln. Einige Mitglieder erklärten und verteidigten das jahrelang“, sagt Albert. Erst ein Schlaganfall konnte die Position von G. Holic erschüttern. Aber die Aufarbeitung dieses Vorfalls – die Verantwortung der Mitglieder, die Holic den Rang eines „Gleicheren als die anderen“ erreichen ließ – wurde versäumt, und ihre Lebensweise wurde lange Zeit durch Holics Ideen geprägt.

[4] Der andererseits, als Sprachlehrer, eine profunde und hochqualifizierte Analyse der Gemeinschaft unter den Aspekten der Theologie, Soziologie und Psychologie verfasste, wobei er einige sehr kritische Bemerkungen zur Apologie von J. Aufreiter (2001) machte, die als Verteidigungsschrift der Gemeinschaft gegen G. Kluge (Kluge 1993) gedacht war, der die „Christen“ angriff.

[5] Laut Albert waren es in ihren besten Zeiten 185. Das ist auffällig und sollte das Thema einer eigenen Untersuchung über das Wachstum der deutschen Gemeinschaft sein (Sie ist derzeit die mitgliederstärkste und hat die ungarische Gemeinschaft überflügelt hat). Dort gab es nur wenige Ausschlüsse und Austritte, so dass sie sogar Geschwister in die Pariser Mission schicken konnten.

[6] Natürlich habe ich die Namen verändert, auch wenn viele von ihnen ihre eigenen Namen verwendet hatten.

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