umfangreicherer Bericht eines ehemaligen Mitglieds (Erzgebirge 1990)

Vorbemerkung: Bereits im August 1990 war ich für ca. 2 Wochen bei Treffs der Holic-Gruppe dabei. Angeregt durch das Seminar zur Arbeitshilfe „Kennzeichen R" im November 1995 in Dresden werden in mir viele Erinnerungen wieder wach, die ich zusammen mit einigen Bibelstellen von damals versuchen möchte niederzuschreiben. Ich hoffe sehr, mit der beiliegenden Schilderung ein anschauliches Bild der Holic-Gruppe wiederzugeben.

Kontakt

Ihr erstes Erscheinen hatte die Gruppe zu einem unserer Junge Gemeinde Abende. Zwei oder drei Gruppenmitglieder wurden von einer unserer Mitarbeiterinnen mitgebracht, die sie wiederum bei einem größeren Kirchenmeeting angesprochen hatten, als sie irgendwie traurig dasaß, wahrscheinlich sogar weinte.

Zu besagtem Abend erschienen mindestens zwei Österreicher, ein ca. 25 Jahre altes Mädchen namens Margit und ein gewisser Gottfried (von den meisten Gruppenmitgliedern kenne ich nur die Vornamen), den ich auf ca. 30 Jahre schätzte. Er war sehr schlank, hatte dunkles, etwas gelocktes Haar und trug eine Brille. Wahrscheinlich war es Holic selbst.

Sie stellten sich auf Anfrage als Christen ohne spezielle Kirchenzugehörigkeit vor. Irgendwann klinkten sie sich in den Abend ein, bezugnehmend auf den behandelten Bibeltext, wobei sie besonderen Wert auf die Werke des Glaubens legten, was mir insgesamt das Eigentliche ihrer Lehre schien: dass die Werke das Entscheidende zur Erlösung sind.

Nach dem Abend redeten sie noch mit mir und anderen, wobei ich ihnen nichts entgegnen konnte (oder wollte - ich kam nicht auf die Idee, Irrlehrer vor mir sitzen zu haben). Bei einem späteren Wochenendtreff der Gruppe erzählte mir einer, wie er zur Gruppe gekommen war und dass er im ersten Gespräch - mit Gottfried - darauf wartete, bis er endlich eine Stelle fände, wo er etwas entgegnen konnte. Doch diese Stelle kam nicht... Was Gottfried bei den Treffs sagte, erklärte er gut und anschaulich, was auch anderen positiv auffiel. In kniffligen Situationen gebrauchte er den Satz: "Nein, das kann man nicht so sehen."

Ich hatte den Eindruck und die Hoffnung, in der Gruppe würden alle Rätsel und Fragen zur Bibel geklärt. Das war sehr verlockend, ebenso die Tatsache, ausländische Freunde, Österreicher, zu haben. Am folgenden Tag trafen wir uns am späten Nachmittag zunächst im Gemeindesaal, an den weiteren Tagen bei einer Frau aus der Gemeinde, an den Wochenenden auf einem Feld bzw. im Wald, wozu auch immer einige Leute aus Österreich extra anreisten. Die Gruppe besaß einige in Österreich zugelassene PKWs und 2 Kleinbusse, ein weiterer wurde gerade in Ungarn aufgebaut.

Gruppenklima

Ich suchte in der Gruppe nach Liebe - ohne dass mir diese vorher gefehlt hätte - konnte sie aber nur bei einigen erkennen. Besonders fiel mir die Mutter des oben genannten Mädchens auf. Sie hieß Ingrid, war ca. 50 Jahre alt und wirkte recht herzlich. Bei näherem Nachdenken fiel mir auf, dass sie zu einer Art "Ersatzmutter" werden könnte. Darüber erschrak ich. Einige Gruppenmitglieder aus Ostdeutschland wirkten eher kühl. Trotzdem wurde auch gelacht und geschmunzelt. Härte und Kälte war vor allem bei skeptischer Einstellung der Gruppe gegenüber zu spüren. Liebevoller Umgang miteinander war eher zweitrangig; es wurde mehr Wert auf den Glauben und seine "Erfüllung" gelegt. Die Abgrenzung (auch die räumliche) von Familienmitgliedern und Freunden, die gegen die Gruppe waren, wurde betont. Dabei wurde auf Verse wie Matthäus 10,34-36 bzw. Lukas 12,51-52 verwiesen (Des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein). Die Mutter eines der Mitglieder wurde unserer Information nach auf diese Weise zum Selbstmord getrieben; ein anderes Mitglied kümmerte sich nicht mehr um seine kranke Mutter. (Anmerkung des Homepagebetreuers: über den Selbstmordfall habe ich von anderer Seite noch nichts gehört.)

Musik

Gesungen wurde selten, eigentlich nur am Wochenende, und zwar aus selbstgefertigten, ordentlichen Liedheftern mit z.T. korrigierten Texten üblicher JG- und Kirchenliedern und mit Gitarrenbegleitung. Von Liturgie oder Gottesdiensten war nichts zu spüren, da sich der Gottesdienst im Leben von Gottes Wort vollziehen sollte. Von christlichen Liedermachern hielten sie insofern nicht viel, dass diese sich nach einem Konzert nicht um alle zum Glauben gekommenen Leute kümmern könnten, da der Liedermacher ja weiterzieht.

Ablauf bei Treffs

Bei den von mir miterlebten Treffs war der besagte Gottfried immer mit dabei. Die Woche über lasen wir Bibeltexte und redeten darüber. Gesungen wurde kaum, gebetet wurde nicht. Das wird nicht getan, wenn Leute dabei sind, die (noch) keine "richtigen Christen" sind. Beleg dafür soll Johannes 17,20 sein (Jesus: Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben). Zu Missionseinsätzen wurden wir noch nicht mitgenommen. Am Wochenende trafen wir uns mit noch anderen Gruppenmitgliedern, lasen zusammen Bibel und machten ein oder mehrere längere Spaziergange, bei denen wir miteinander redeten und evtl. auch im Gehen Texte lasen. Es waren meist Zwei-Mann-Gespräche. An den Samstagabenden beendete der Einbruch der Dunkelheit den Tag noch lange nicht. Taschenlampen u.a. halfen beim Lesen. Ca. die Hälfte der Gruppe, d.h. die schon länger dabei waren, schlief indes.

Relativ unspektakulär verlief die Taufe von zwei Mitgliedern: Sie wurden von zwei anderen Mitgliedern mit den Worten "...im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes..." getauft. Dazu wurde Wasser aus dem vorbeifließenden Bach, an dem die Taufe stattfand, genommen. Anschließend fand eine Gebetsgemeinschaft - trotz unserer Anwesenheit - statt, was aber ein Ausnahmefall sei. Der Taufe selbst wurde keine "magische" Bedeutung oder Wirkung beigemessen." Die Taufe ist ein Zeichen, kein magisches Ritual. Sie ist ein Folgeschritt der Umkehr." Besondere Bedeutung hat sie in der Gruppe wahrscheinlich nicht, ist wohl auch nicht Bedingung beim Gruppeneintritt, wenn sie ihnen überhaupt heilsnotwendig ist.

Lehre

Einiges wurde bereits genannt. Die Gruppe betont immer wieder, keinen Chef zu haben. Man solle sich nicht "Lehrer" (Rabbi) oder Leiter nennen lassen. Es herrscht offenbar Gleichberechtigung. Eine Art geistige Führung oder zumindest Orientierung und Antwort auf schwierige Textstellen geben meiner Beobachtung nach trotzdem der besagte Gottfried und ein gewisser Franz (ca.45 Jahre, aus Österreich), der mit getauft hatte, sie schienen am intelligentesten zu sein und hatten auch das beste Bibelwissen.

Verwendet wurden verschiedene Bibelübersetzungen, z.B. Elberfelder und Luther, aber auch der griechische Urtext. Man könnte sie durchaus als Glaubenswissenschaftler bezeichnen, denen es Spaß macht zu fachsimpeln. Intelligenz und Verstand sind sehr bedeutend. Man soll an Gott mit Herz und Verstand glauben, was ja so ähnlich auch die Bibel sagt. Nur wird der Verstand eben sehr betont. Dieser sei auch zum Verstehen von Gottes Wort wichtig, schien mir: Einmal ging es um einen Kriegsdienstverweigerer im Dritten Reich, der "trotz dass er nicht sehr intelligent war" Gottes Willen und wahrscheinlich auch das Böse hinter Hitler erkannte. In der DDR Bausoldat statt Soldat zu werden war für sie falsch, nicht konsequent genug. (Anmerkung: In der DDR gab es keinen Zivildienst. Wer den Dienst mit der Waffe verweigerte, wurde zum waffenlosen Dienst in sogenannten „Baueinheiten" innerhalb der Armee eingesetzt)

Die Bedeutung von Intelligenz wurde z.B. auch daran deutlich, dass die Gruppe versuchte, einem Analphabeten (aufgrund geistiger Behinderung), der sich bei den Gruppentreffen eigentlich recht wohlzufühlen schien, das Lesen beizubringen. Als sich aber kein Erfolg abzeichnete, gab man diese Aktion und damit auch ihn selbst auf.

Da Gottfried und die meisten Österreicher aus katholischen Gemeinden stammen, richten sie sich vor allem - neben diversen Sekten - gegen die Katholische Kirche, was ich - ohne jetzt jemandem auf die Füße treten zu wollen - nach zweimal Urlaub in Österreich teilweise verstehen kann. Der evangelischen Kirche stehen sie nicht ganz so feindlich gegenüber, prangern aber auch da Amtsmissbrauch an, ebenso dass hohe Kirchenchefs im Mercedes durch die Gegend fahren.

Außerdem sei in der Kirche nicht alles schlecht oder falsch. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass nicht alle Menschen , die nicht zur Gruppe gehörten , automatisch Nichtchristen sind. Es gibt also auch Christen außerhalb der Gruppe, die aber, wenn sie die Gruppe kennen lernen würden, in die Gruppe eintreten, andernfalls sind es doch keine Christen.

Auf meine Anfrage, ob sie auch etwas für "Brot für die Welt" o.a. spenden, sagten sie, dass sie Gott vertrauen, dass es auch in der Dritten Welt Christen gibt, die dort helfen. Von Leuten wie Mutter Teresa z.B. halten sie aber nicht viel, da diese irgendwie Mutter-Maria-Bilder o.a. verteile. Solche Leute werden - wie auch Pfarrer - als Irrlehrer bzw. "Theolügner" (Original-Ton Gottfried) bezeichnet.

Die Trennung von der Kirche wird u.a. mit l. Korinther 5 (Ausschluss der Sündigen aus der Gemeinde) begründet, und zwar eigentlich in Umkehrung des Textes, dass man notfalls sich selbst von der (schlechten) Gemeinde trennt. Motto: Ein Christ distanziert sich von Sünde und Menschen, die sich nicht von Sünde distanzieren wollen. Siehe dazu auch 2-Timotheus 3,1-5 (...Sie haben den Schein der Frömmigkeit, aber deren Kraft verleugnen sie; solche Menschen meide!): Der Umgang mit solchen Menschen - nach Ermahnung - ist, falls eine Buße nicht eintritt, zu meiden.

Eine Bestätigung für die Gruppe scheint immer wieder Verfolgung zu sein und der Haß der Welt gegen sie. 2.Timotheus 4,1-5 (Treue zu Gott bis ans Ende) bedeutet auch Treue zur Gruppe als die richtige Gemeinde. Angriffe gegen die Gruppe sind (natürlich) vom Widersacher. Gemeinde sei nicht dort, wo das Kirchgebäude steht, sondern wo Christen sind, "lebendige Steine" (1. Petrus 2, 5.9: ...ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause... ). Das Kruzifix sei auch nicht das richtige Zeichen für Christen, Jesus ist ja auch auferstanden.

Eine ganze Reihe ihrer Aussagen richten sich gegen Missstände, die hierzulande zumindest in der evangelischen Kirche kaum ein Thema sind. So z.B. die Erbsünde, die es nach Hesekiel 18,1-32 praktisch nicht gibt, oder Johannes 5,28-29, die Auferstehung aller Menschen, nicht nur der Christen.

Das Thema Endzeit sehen sie recht gelassen. Es ist nicht weiter bedeutend in ihrer Lehre. Einige Bibeltexte würden die Zerstörung Jerusalems vorhersagen (im Jahre 70) und haben deshalb nichts mit der uns noch bevorstehenden Endzeit zu tun, sagen sie.

Wichtig schien auch - so sagten sie zumindest - Bibeltexte im Zusammenhang zu lesen und zu verstehen und nicht einzelne Verse herauszupicken. So z.B. l. Korinther 6,12-20 und l. Korinther 10,23 - 11,1 (Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten... ). Diese Texte beziehen sich ausschließlich auf das Götzenopferfleisch und gelten heute nicht mehr, d.h. also 6,12 und 10,23 (Alles ist mir erlaubt, aber... ) gelten auch nicht mehr. - Das, was zwischen den Zeilen steht, wird meiner Meinung nach übersehen.

Ebenso wird über Römer 14,21 (Es ist besser, du isst kein Fleisch und trinkst keinen Wein und tust nichts, woran sich dein Bruder stößt) gesagt, dass es nur um Speisen und das Einhalten von Tagen geht, nicht auch darum, über unterschiedliche Glaubensauffassungen zu schweigen und mit anderen Christen gut aus zukommen. Das widerspräche bestimmt auch ihrer Lehre und ihrem Leben.

Viele Textstellen und Aussagen der Gruppe sind nicht sehr gruppenspezifisch, sondern eigentlich allgemeingültig und sollen die Mitglieder zu konsequentem Christsein anhalten. Sie könnten z.T. als unkritisch betrachtet werden, wenn sie nicht mit dazu dienen würden, die Leute in der Gruppe zu halten - nehme ich an (Hebräer 6,4-8 z.B.). An vielen Textstellen wird so gezeigt, wer ein Christ ist: wer Gott gehorcht (Jakobus 1,22 - Seid Täter des Wortes, nicht Hörer allein - ; Apostelgeschichte 4,19 -Gott mehr gehorchen als den Menschen), der Lust der Welt absagt (1. Johannes 2,17 - Die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt), und Gottes Wort tut (Römer 2,13 - Vor Gott sind nicht die gerecht, die das Gesetz hören, sondern die das Gesetz tun). Letzteres scheint ein Argument gegen Römer 3,28 (...dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben) zu sein und somit auch ein Kernsatz der Gruppe.

Etwas kritisch wird es auch bei Epheser 5,10-11 (Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf). Schlussfolgerung ist, die Unterschiede zur Finsternis darzustellen, und mit Satan und seinen Dienern kann man nicht verhandeln. Zu diesen Dienern zählt sicher auch die Kirche. Der Papst wird durchaus als Satan bezeichnet, der sich auf den Thron der Kirche setzt. 2.Thessalonicher 2,4 ( ...der Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heisst, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und vorgibt, er sei Gott) ist eine Stelle, die ich später selbst fand. Vielleicht stützt sich die Gruppe auf diese Textstelle.

Ostern und Weihnachten sind für sie heidnische Feste von ihrer ursprünglichen Bedeutung her gesehen, und werden deshalb nicht gefeiert, Geburtstage auch nicht, ebenso wenig Sabbat und Sonntag. Begründung ist Galater 4,8-11, besonders ab Vers 10 (Ihr haltet bestimmte Tage ein und Monate und Zeiten und Jahre. Ich fürchte für euch, dass ich vielleicht vergeblich an euch gearbeitet habe).

Eine Besonderheit der Gruppe ist die Gütergemeinschaft. Dazu wird man nicht sofort verpflichtet, sondern das geschieht nach und nach, beinahe freiwillig, nehme ich an, da die Jerusalemer Urgemeinde Vorbild und die Bibel verbindlich ist (Apostelgeschichte 2,37ff und Kap.4, 32ff) .

Mit Matthäus 11,6 (Selig sind, die sich nicht an Jesus ärgern) wird versucht, die Leute zum Annehmen strenger Auslegungen von Bibelversen zu bewegen. Hebräer 4,12 (Gottes Wort ist schärfer als ein zweischneidiges Schwert) ist ihnen dabei willkommen, wichtig war auch, dass alles Tun eine biblische Grundlage hat (Kolosser 3, 17 - Alles, was ihr tut mit Worten und mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus). Alles, was nicht der Meinung der Gruppe entsprach, wurde als unbiblisch bezeichnet. Die Freizeit besteht deshalb auch nicht aus Radiohören oder Zeitunglesen, sondern aus Gebet und Bibellesen.

Von Jesus sagen sie, dass sich der Heilige Geist mit dem Menschen Jesus verbunden hätte. Es sei nicht von Anfang an Gottes Wille gewesen, dass Jesus am Kreuz sterben sollte. So etwas könnte nicht Gottes Wille sein.

Vergebung scheint nicht das wesentliche Thema der Gruppe zu sein, wobei ich hierzu nichts Konkretes mehr weiß. Gerecht sind vor Gott eben nur die Täter des Wortes Gottes (Römer 2,13), wer irgendwie sündigt, hat Jesus nicht erkannt (1. Johannes 3,6 - Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer sündigt, der hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt).

Gott vergilt nach den Werken (Römer 2,6 - der einem "jeden vergeben wird nach seinen Werken"). So wurde ein ihnen irgendwann passierter leichter Verkehrsunfall als Folge von Sünde angesehen, als Strafe Gottes sozusagen. Ein sündenfreies Leben ist ihrer Meinung nach möglich. Schuld trage auch dazu bei, dass sich viele Menschen nicht in die Augen sehen können, wohl aus schlechtem Gewissen heraus.

Liebe zum Nächsten ist zuerst Mission, wobei wahrscheinlich nicht alle Menschen angesprochen werden. Ein Mädchen aus der Gruppe sagte mir, dass man es manchem ansieht, dass er Gottes Wort ablehnen wird. Grundsätzlich könne aber jeder Mensch zu Gott kommen, also keine Lehre von einer Prädestination. Versucht wird ihren Aussagen nach, an Kirchenchefs heranzugelangen, um sie auf ihre Seite zu bekommen und somit wohl auch die ganze Gemeinde. Liebe zu Gott zeigt sich im Gehorsam seinem Wort gegenüber. Irgendwie klang das Ganze aber so, dass der, der Gottes Wort tut, Gott also auch liebt - eigentlich etwas verdreht!?

Liebe zwischen den Geschlechtern wurde nicht direkt verboten. In der Gruppe gab es ein junges Pärchen und ein Ehepaar, die akzeptiert wurden.

Wenn sie anderen den Glauben absprechen, sie richten, so sagen sie, sie würden nur hinterfragen. Maßstab für ihr Leben sei aber Gottes Wort, nicht das Glaubensleben anderer, um nicht hochmütig zu werden. Trotzdem wird mit vielen Bibelstellen bewiesen, dass die anderen falsch ("total unbiblisch") leben und nur die Gruppe richtig und somit die eigentliche Gemeinde ist.

Mein Ausstieg

Günstig war, dass ich in der zweiten und dritten Woche von Montag bis Donnerstag in Westdeutschland arbeitete. Allerdings hatte die Gruppe mein Denken bereits geprägt. Auf das Drängen meiner Eltern hin redete ich am dritten Wochenende mit einem Prediger der Landeskirchlichen Gemeinschaft über die Gruppe und sagt meine Teilnahme am nachmittäglichen Treff der Gruppe ab - ohne selbst voll hinter dieser Entscheidung zu stehen.

Die Gruppe bedrängte mich nicht sonderlich, ich war ja auch noch nicht lange dabei. Am Nachmittag ging es mir recht mies. Ich hatte Schuldgefühle dabei, als ich mit Freunden plaudernd auf der Hausbank saß. Bibellesen wäre sinnvoller und keine Sünde, dachte ich. Das war ein kritischer Moment und für mich im Nachhinein ein Zeichen dafür, dass ich auf dem Weg aus einer Sekte heraus war, in die ich ahnungslos geriet. Die Welt in mir stand Kopf. Der innere Konflikt während der Zeit in der Gruppe - und zum Teil auch nach dem Ausstieg - ist sehr groß, das Leben plötzlich unheimlich schwer. Gedanken an Suizid schleichen sich ein. Von anderen "Kurzzeitmitgliedern" weiß ich, dass sie große Schwierigkeiten mit der "Entzweiung um Jesu Willen" hatten - der Bruch zu Eltern und Freunden wurde ja radikal gepredigt und gefordert. Dabei kam es zu starken inneren Kämpfen und sie sehnten sich danach, dass dieser quälende Kampf und damit also das Leben hier endlich vorbei sei.

In der folgenden Woche wollte ich mich mit einem Freund täglich zum Bibellesen treffen - unbewusst wahrscheinlich als Ersatz für die Gruppe. In dieser Woche begann auch eine Rüstzeit, zu der ich mich schon länger angemeldet hatte und die ich eigentlich absagen wollte. Die Gruppe versuchte mehrmals, Personen von der Teilnahme an Rüstzeiten abzuhalten und holte sogar einzelne Mitglieder von Rüstzeiten weg. Gott sei Dank fuhr ich dennoch, hatte Gemeinschaft mit Christen und so wurde diese Rüstzeit für mich zum eigentlichen Ausstieg aus der Gruppe.

Eine Frau aus meiner Gemeinde, die für kurze Zeit auch mit dabei war und bei der wir uns getroffen hatten, versuchte. in einem Brief, die Gruppe mit Hilfe von Bibelstellen auf Irrtümer hinzuweisen. Die Gruppe argumentierte darauf in einem Gespräch ohne jegliche Bibelstellen, nur mit Worten wie "du bist der Hölle nahe".

(Name des Verfassers ist bekannt)